.Erläuterungen
Artikel 49
Erläuterungen
zu Artikel 49 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2022
####Artikel 49
Inkompatibilität und Teilnahmerechte
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Die Pröpstinnen und Pröpste sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchenkreisverwaltung sind nicht wählbar.
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1 Die Pröpstinnen und Pröpste nehmen an den Tagungen der Kirchenkreissynode mit beratender Stimme teil. 2 Sie haben jederzeit das Rederecht.
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Die Leiterin bzw. der Leiter der Kirchenkreisverwaltung nimmt an den Tagungen der Kirchenkreissynode mit beratender Stimme teil.
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Für die im Kirchenkreis wohnenden Mitglieder der Landessynode, die nicht Mitglieder der Kirchenkreissynode sind, gilt Absatz 2 Satz 1 entsprechend.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#2. Textentwicklung
Artikel 48: Inkompatibilität und Teilnahmerechte
- (1) Die Pröpstinnen und Pröpste sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kirchenkreisamtes sind nicht wählbar.
- (2) Die Pröpstinnen und Pröpste nehmen an den Tagungen der Kirchenkreissynode mit beratender Stimme teil. Sie haben jederzeit das Rederecht und sind auskunftspflichtig.
- (3) Die Leiterin bzw. der Leiter des Kirchenkreisamtes nimmt an den Tagungen der Kirchenkreissynode mit beratender Stimme teil und ist auskunftspflichtig.
- (4) Für die im Kirchenkreis wohnenden Mitglieder der Landessynode, die nicht Mitglieder der Kirchenkreissynode sind, gilt Absatz 2 Satz 1 entsprechend.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 28)
Zur 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde der Begriff „Kirchenkreisamt“ durch „Kirchenkreisverwaltung“ ersetzt (Artikel 50: Drucksache 3/II, Seite 30)
Zur 3. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde jeweils in Absatz 2 und 3 die Auskunftspflichtigkeit gestrichen (Drucksache 4/III).
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
„In den Artikeln 47 bis 49 sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zusammensetzung, die Teilnahmerechte und die Wahl des Präsidiums geregelt.“ (1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 79)
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
Die AG Verfassung lehnte eine Inkompatibilität für Mitarbeitende des Landeskirchenamts für die Kirchenkreissynode am 13. April 2010 einstimmig ab. Die Inkompatibilität bestehe nur für Mitglieder des Präsidiums als Mitglieder des Kirchenkreisvorstands. Der bzw. die Präses nehme mit beratender Stimme am Kirchenkreisvorstand teil, im Verhinderungsfall ein Vizepräses.
Der erste Entwurf vom Stand 2. Juni 2010 lautete für den damaligen Artikel 48:
- (1) Die Pröpstinnen und Pröpste sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kirchenkreisamtes sind nicht wählbar.
- (2) Die Pröpstinnen und Pröpste sowie die Leiterin bzw. der Leiter des Kirchenkreisamtes nehmen an den Tagungen der Kirchenkreissynode mit beratender Stimme teil. Sie sind auskunftspflichtig und auf Verlangen zu hören.
- (3) Für die im Kirchenkreis wohnenden Mitglieder der Synode, die nicht Mitglieder der Kirchenkreissynode sind, gilt Absatz 2 Satz 1 entsprechend.
Der Begriff „Kirchenkreisamt“ stellte eine Abweichung von der Terminologie des Fusionsvertrags dar, sollte aber parallel zum Begriff „Landeskirchenamt“ formuliert sein. Die Steuerungsgruppe verwendete in ihrem Entwurf vom 3. September 2010 jeweils den Begriff „Kirchenkreisverwaltung“.
Absatz 2 sollte – da ein Leitungsorgan beteiligt ist – in zwei Absätze geteilt werden, so die Entscheidung der AG Verfassung vom 4. und 5. Juni 2010.
Auf der 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde der Antrag gestellt, in dem damaligen Artikel 48 Absatz 1 die Worte „sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchenkreisverwaltung“ zu streichen, da es nicht einzusehen sei, dass Verwaltungsmitarbeiter nicht wählbar sein sollten (Antrag 53).
Die NEK äußerte in ihrer Stellungnahme die Anregung, in den Absätzen 2 und 3 jeweils die Worte „und sind auskunftspflichtig“ zu streichen. Für Absatz 4 wurde die Formulierung vorgeschlagen: „Die im Kirchenkreis wohnenden Mitglieder der Landessynode, die nicht Mitglieder der Kirchenkreissynode sind, nehmen an den Tagungen der Kirchenkreissynode mit beratender Stimme teil.“
Antrag 53 wurde in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 13. und 14. Mai 2011 besprochen. Es wurde ausführlich darüber diskutiert, ob es wirklich „jederzeit“ ein pröpstliches Rederecht geben solle. Ebenfalls als problematisch angesehen wurde, dass die Landessynodalen mit beratender Stimme teilnehmen sollten. Sie hätten ausdrücklich nicht jederzeit Rederecht – dies sollte in der jeweiligen Kirchenkreissynode geregelt werden bzw. es sei hier nach anderer Auffassung die Kernfrage nach der Stellung des pröpstlichen Amts im Kirchenkreis zu klären. Die Teilnahme der Verwaltungsleitung gemäß Absatz 3 war unstreitig. Diskussionspunkt war jedoch, eine Alternative zur Formulierung „mit beratender Stimme“ zu finden. Ein Antrag auf Streichung dieser Formulierung wurde jedoch zurückgezogen. Die Definition in Absatz 4 „wohnen im Kirchenkreis“ wurde kritisiert. Es wurde beraten, ob die Landessynodalen teilnehmen können, sollen oder sogar müssen. Es gehe nur um die Gemeindezugehörigkeit im Kirchenkreis. Eine Verpflichtung zur Teilnahme könne es nicht geben, wohl aber eine „moralische Pflicht“. Ein Antrag auf Streichung der Worte „jederzeit das“ in Absatz 2 wurde abgelehnt, ebenso ein Antrag, die Teilnahme der Landessynodalen in Absatz 4 als Sollvorschrift auszugestalten. Der Ausschuss empfahl, Artikel 48 Absatz 4 neu zu fassen: „Die Mitglieder der Landessynode, die Gemeindeglieder im Kirchenkreis und nicht Mitglieder der Kirchenkreissynode sind, können an den Tagungen der Kirchenkreissynode mit beratender Stimme teilnehmen.“
Der Dienstrechtsausschuss hinterfragte die Regelungen in seiner Sitzung vom 26. Mai 2011 kritisch und schlug eine Beschränkung der Inkompatibilität auf Leitungspersonen wie Verwaltungsleiter/innen und Mitglieder des Kollegiums vor. Es sollte noch überprüft werden, ob die Regelung des Artikels 48 Absatz 1 die Rechte der Mitarbeiter über Gebühr beeinträchtigen. Die Regelungen des Absatzes 1 wurden mehrheitlich für sinnvoll gehalten, in Absatz 2 müsse geregelt werden, dass ein Vizepräses der Kirchenkreissynode Pastor sein müsse.
Das Nordelbische Kirchenamt schlug vor, die Worte „und sind auskunftspflichtig“ in Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 zu streichen, da sie selbstverständlicher Teil der Amtspflichten und systematisch keine Materie des Verfassungsrechts seien. Antrag 53 wurde nicht unterstützt.
Die Kirchenkreise Hamburg-Ost und Hamburg-West/Südholstein schlugen vor, das Wort „leitenden“ vor dem Wort „Mitarbeiterinnen“ einzufügen.
Zahlreiche weitere Kirchenkreise äußerten hingegen ihr Unverständnis darüber, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchenkreisverwaltung nicht wählbar sein sollten und sprachen sich für die Streichung dieser Worte aus.
Antrag 53 wurde vom Kirchenkreis Dithmarschen und von dem Gesamtausschuss der MAV unterstützt.
Die Steuerungsgruppe lehnte am 21. Juli 2011 den Antrag des Dienstrechtsausschusses ab, sprach sich aber für den Vorschlag der NEK aus, die Worte „und sind auskunftspflichtig“ in den Absätzen 2 und 3 jeweils zu streichen. Absatz 4 sollte ebenfalls dem Vorschlag der NEK entsprechend formuliert werden.
Auf der 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde zwei Mal beantragt, die Worte „sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchenkreisverwaltung“ ersatzlos zu streichen, was jedoch abgelehnt wurde. Der Antrag, diese Worte durch „sowie die Leiterin bzw. den Leiter der Kirchenkreisverwaltung“ zu ersetzen, wurde ebenfalls nicht angenommen bzw. ein weiterer gleichlautender Antrag zurückgezogen.
Der Rechtsausschuss übte in seiner Sitzung vom 4. bis 6. November 2011 Kritik an der Auskunftspflicht in Absatz 2 und 3. Propstpersonen könnten nach Absatz 2 nur in der Funktion als Kirchenkreisrat-Mitglied auskunftspflichtig sein. Das leitende geistliche Amt sei niemals auskunftspflichtig, eine Synode ohnehin nicht. Eine Synode habe nur gegenüber dem gesamten Kirchenkreisrat Ansprüche, jedes Mitglied und nicht nur der Vorsitz sei auskunftspflichtig. Absatz 3 sei nicht korrekt, die Verwaltungsleitung sei nur dem Kirchenkreisrat verpflichtet, auch in Verwaltungsfragen habe die Synode nur gegenüber dem Kirchenkreisrat einen Auskunftsanspruch. Dieser sei für die Synode ausreichend in dem damaligen Artikel 45 Absatz 2 Satz 2 geregelt. Der Ausschuss beschloss, in den Absätzen 2 und 3 jeweils die letzten drei Wörter zu streichen.
In der Einbringung des Rechtsausschusses zur 3. Lesung (5. – 8. Januar 2012) heißt es dazu:
Die Streichung der Auskunftspflicht bei den Pröpsten und Leitung der Kirchenkreisverwaltung (Artikel 49) haben wir vorgenommen, weil sie einmal der Würde des Amtes nicht angemessen erscheint aber auch in der bisherigen Fassung so nicht möglich war, weil die Auskunftspflicht in den verschiedensten Kirchengesetzen über Regelungen zur Verschwiegenheit eingeschränkt wird. Das hätte es notwendig gemacht die Auskunftspflicht zu beschränken auf die Fälle in denen nicht auf Grund anderweitiger Regelung oder aus Geheimhaltungsgründen eine Verweigerung der Auskunft berechtigt wäre. Das erschien uns im Rahmen der Verfassung als nicht möglich.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
Artikel 31 Absatz 5 lautete:
#- 1 Die Pröpstinnen und Pröpste sind nicht Mitglieder der Kirchenkreissynode. 2 Sie nehmen an den Sitzungen der Synode ihres Kirchenkreises mit beratender Stimme teil. 3 Dasselbe gilt für die im Kirchenkreis wohnenden Mitglieder der Synode, sofern sie nicht Mitglieder der Kirchenkreissynode sind.
2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
Artikel 92 Kirchenordnung PEK bestimmte:
#- Landespfarrerinnen und Landespfarrer, Pfarrerinnen und Pfarrer, Pastorinnen und Pastoren sowie Mitglieder der Landessynode, die im Kirchenkreis ihren Wohnsitz haben und der Kreissynode nicht gemäß Artikel 91 angehören, können an den Tagungen der Kreissynode mit beratender Stimme teilnehmen.
3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
Die Grundsätze zum Fusionsvertrag enthalten keine Ausführungen zur Inkompatibilität und zu den Teilnahmerechten hinsichtlich der Kirchenkreissynode.
#III. Ergänzende Vorschriften
##1. Normen mit Verfassungsrang
Die Sitzungen der Kirchenkreissynoden sind öffentlich (Artikel 6 Absatz 10).
Die Jugenddelegierten nehmen an den Tagungen mit Rede- und Antragsrecht teil (Artikel 48 Absatz 5).
Nach Artikel 66 Absatz 1 Satz 1 sind die Pröpstinnen und Pröpste berechtigt, an allen Sitzungen kirchlicher Gremien in ihrem Kirchenkreis teilzunehmen und gehört zu werden. Sie erstatten mindestens einmal jährlich gegenüber der Kirchenkreissynode Bericht (Artikel 65 Absatz 4 Nr. 3).
#2. Einfache Kirchengesetze
§ 3 Kirchengesetz über die Bildung der Kirchenkreissynoden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Kirchenkreissynodenbildungsgesetz – KKSynBG) vom 10. März 2016 (KABl. S. 137, 318, 2017 S. 88) regelt die grundsätzliche Wählbarkeit der Mitglieder der Kirchenkreissynode.
##IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
In Artikel 81 findet sich eine entsprechende Vorschrift für die Bischöfinnen und Bischöfe sowie die Mitglieder des Kollegiums und die weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landeskirchenamtes hinsichtlich der Landessynode.
In Artikel 92 finden sich die Vorschriften zur Inkompatibilität und zu den Teilnahmerechten bezüglich der Kirchenleitung, in Artikel 62 bezüglich des Kirchenkreisrates.
Die Zahl der Mitarbeitenden der Kirchengemeinde die in den Kirchengemeinderat gewählt oder berufen werden können ist auf eine Person beschränkt (Artikel 30 Absatz 5). Artikel 32 regelt die Teilnahmerechte für den Kirchengemeinderat (etwa der Mitarbeitenden; Absatz 1).
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
Die Grundordnung der EKBO verfügt nicht über eine entsprechende Vorschrift. Auch die Kirchenverfassung der EKM und der Landeskirche Hannover enthalten keine entsprechenden Regelungen.
Artikel 41 der Kirchenverfassung EKM bestimmt aber zu den Tagungen der Kreissynode:
#- (3) Der Landesbischof, der Regionalbischof, vom Kollegium des Landeskirchenamtes beauftragte Vertreter und der Leiter des Kreiskirchenamtes können an den Verhandlungen der Kreissynode mit Rede- und Antragsrecht teilnehmen.
3. Verweise auf staatliches Recht
In § 26 a der Kreisordnung Schleswig-Holstein wird die Unvereinbarkeit bezüglich des Kreistags geregelt:
- (1) Ein Mitglied des Kreistages darf nicht tätig sein als
- Beschäftigte oder Beschäftigter des Kreises auf der Funktionsebene der Laufbahngruppe 2,
- Beschäftigte oder Beschäftigter des Landes bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Kommunalaufsicht oder des Landesrechnungshofs,
- leitende Beschäftigte oder leitender Beschäftigter eines privatrechtlichen Unternehmens, an dem der Kreis mit mehr als 50 % beteiligt ist; leitende Beschäftigte oder leitender Beschäftigter ist, wer allein oder mit anderen ständig berechtigt ist, das Unternehmen in seiner Gesamtheit zu vertreten,
- hauptamtliche Bürgermeisterin oder hauptamtlicher Bürgermeister einer kreisangehörigen Gemeinde oder
- Amtsdirektorin oder Amtsdirektor eines kreisangehörigen Amtes.
- (2) Absatz 1 findet keine Anwendung für Ehrenbeamtinnen und Ehrenbeamte.
- (3) Übernimmt ein Mitglied eines Kreistags ein nach Absatz 1 mit seinem Mandat unvereinbares Amt oder eine nach Absatz 1 mit seinem Mandat unvereinbare Stellung oder Funktion, so stellt das Innenministerium die Unvereinbarkeit fest. Das Mitglied verliert seinen Sitz mit der Unanfechtbarkeit der Feststellung.