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Klimaschutzplan 2022 – 2027
Jetzt die entscheidenden Schritte gehen1#

Vom 2. Mai 2022

(KABl. S. 226)

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Die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland hat auf ihrer Tagung vom 24. bis 26. Februar 2022 gemäß § 3 Absatz 1 des Klimaschutzgesetzes folgenden Klimaschutzplan beschlossen:
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Klimaschutzplan 2022 – 2027
Jetzt die entscheidenden Schritte gehen

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INHALT

A
Grundsätze:
Jetzt die entscheidenden Schritte gehen
3
B
Grundidee des Klimaschutzplans:
Organisationsmodell, Zwischenziele und Transformationspfade
4
Handlungsrahmen Klimaschutz Nordkirche
5
C
Organisation des nordkirchlichen Klimaschutzes
6
D
Felder der Transformation
8
I Gebäude
8
II Mobilität
10
III Beschaffung / Umgang mit Kirchenland
12
IV Bildung und Kommunikation
14
E
Schlussbemerkung
16
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A Grundsätze:

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Jetzt die entscheidenden Schritte gehen

Die Fragen des Klimaschutzes berühren die Grundfragen unseres Glaubens und unserer Verantwortung als Kirche. Hier bewährt sich unsere Glaubwürdigkeit für die Bewahrung der Schöpfung mit konkreten Ergebnissen im Klimaschutz, zur Klimagerechtigkeit und beim Schutz der biologischen Vielfalt.
Einen ersten Schritt, dieser Verantwortung gerecht zu werden, stellt das integrierte Klimaschutzkonzept der Nordkirche, das im Jahr 2012 der vorläufigen Kirchenleitung vorgestellt wurde, dar. Der dort vorgestellte Handlungsrahmen sieht drei Strategieschwerpunkte vor:
  • Verbrauchsreduktion durch eine Suffizienzstrategie
  • Steigerung der Energieeffizienz (Effizienzstrategie)
  • Deckung des Endenergieverbrauchs durch nicht fossile Quellen (Substitutionsstrategie)
Auf der Basis des Kirchengesetzes zur Förderung des Klimaschutzes (KlschG) hat die Synode im Jahr 2015 den ersten Klimaschutzplan für die Laufzeit 2016 bis 2021 beschlossen.
Dieser zweite Klimaschutzplan 2022 bis 2027 baut darauf auf. Im Verhältnis zur Laufzeit des ersten Klimaschutzplans hat sich die Dringlichkeit, in der Frage des Klimaschutzes entschiedener weiterzukommen, erheblich verstärkt. Der jüngste Bericht des Weltklimarats vom August 2021 verschärft noch einmal die letzten Zukunftsprognosen aus dem Jahr 2018. Die zentrale These der dort vorgelegten Metastudie lautet: Nicht erst im Jahr 2040 droht eine Erderwärmung über die Grenze von 1,5°C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, sondern möglicherweise schon im Jahre 2030. Die 20er Jahre dieses Jahrhunderts sind also das entscheidende Gestaltungsfenster, um dramatische Veränderungen im Weltklima zu verhindern. Dieser zweite Klimaschutzplan 2022 bis 2027 agiert somit in einer deutlich kritischeren Situation als der erste Klimaschutzplan. Er beschreibt nicht nur einen weiteren Schritt auf dem Wege zu einer bilanziell neutralen Kirche. Er skizziert vielmehr konkrete Prozesse, die entscheidenden Veränderungsprozesse für diesen Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter auch in der Nordkirche anzustoßen und zu organisieren. Nicht zuletzt aus Gründen der Generationengerechtigkeit liegt die Verantwortung für diese Veränderungsprozesse bei denen, die jetzt Entscheidungen treffen.
Es wird daher hier vorgeschlagen, den Zielpunkt zur Erreichung der Treibhausgas-Neutralität in § 2 KlSchG auf das Jahr 2035 vorzuziehen. Damit stellt sich die Nordkirche in den Kontext des Orientierungsrahmens, den die Synode der EKD im November 2021 beschlossen hat.
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B Grundidee des Klimaschutzplans:

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Organisationsmodell, Zwischenziele und Transformationspfade

Bereits auf der Basis des Klimaschutzplans 2016 bis 2021 wurden in den letzten Jahren eine Vielzahl Treibhausgas – reduzierender Maßnahmen umgesetzt. Der Klimaschutzplan schlägt ein in der Organisation des Klimaschutzes in den Bereichen Gebäude, Mobilität und Beschaffung zielorientiertes Vorgehen vor. Er zeigt auf: „So kann es gehen“.
Wichtig sind hierfür drei Aspekte:
  1. die Organisation eines kooperativen und strategisch ausgerichteten Handelns in der Nordkirche – dazu gehört vor allem eine konzertierte und verbindlich abgestimmte Zusammenarbeit der Kirchenkreise und der landeskirchlichen Ebene
  2. die Beschreibung realistischer und ambitionierter Zwischenziele für das Jahr 2027 sowie
  3. die Darstellung von Projekten, Maßnahmen und Veränderungen im kirchlichen Leben – im Folgenden Transformationspfade genannt, die zeigen, auf welche Weise diese Zwischenziele in den wichtigen Handlungsfeldern zu erreichen sind.
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Handlungsrahmen Klimaschutz Nordkirche

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C Organisation des nordkirchlichen Klimaschutzes

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I Klimaausschuss der Kirchenleitung

Die Kirchenleitung wird gebeten, als Ort der strategischen Planung und Weiterentwicklung des nordkirchlichen Klimaschutzes einen Klimaausschuss der Kirchenleitung einzurichten. Die unter II aufgeführten Punkte sind dort abzuarbeiten. Die verpflichtende Teilnahme aller Kirchenkreise sowie des Landeskirchenamts an diesem Ausschuss soll gewährleistet sein. Eine hier abzustimmende „Kooperationsvereinbarung Klimaschutz Nordkirche“ soll zukünftig die vertragliche Grundlage für das nordkirchliche Klimaschutzhandeln bilden.
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II Kooperationsvereinbarung Klimaschutz Nordkirche

Für eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen im nordkirchlichen Gebäudebestand schlägt der Klimaschutzplan auf der Basis dieser Überlegungen folgendes Implementierungsverfahren vor:
Die Kirchenkreise sowie die landeskirchliche Ebene werden gebeten, innerhalb eines Jahres nach Verabschiedung des Klimaschutzplans 2022 bis 2027 der Landessynode eine „Kooperationsvereinbarung Klimaschutz Nordkirche“ vorzulegen. Diese Vereinbarung soll enthalten:
  1. Darstellung von Transformationspfaden, die ein Erreichen eines klimafreundlichen Gebäudebestands auf der Basis der oben skizzierten Zwischenziele bis zum Jahr 2027 ermöglichen:
    1. Vorschläge für ein gemeinsames Monitoringverfahren in der Treibhausgas-Reduzierung im nordkirchlichen Gebäudebestand sowie Vorschläge für regionale Steuerungs- und Controllingmechanismen
    2. Überprüfungsvorschläge für Änderungen im kirchlichen Recht, u. a. hinsichtlich der Notwendigkeit einer Rechtsverordnung für das KlSchG und im Blick auf Belange des Klimaschutzes im Verhältnis zum Denkmalschutz
    3. Vorschläge für ein Energiecontrolling, das für das Jahr 2027 90 Prozent des nordkirchlichen Gebäudebestands abdeckt sowie eine zügige Verbesserung der Datenqualität für die Treibhausgasbilanzierung ermöglicht
    4. Beauftragung einer Vollkostenstudie im Gebäudebereich,
      • die den Finanzbedarf im Bereich der Reduzierung des Endenergiebedarfs im Gebäudebereich ermittelt,
      • mögliche Amortisationsberechnungen und Energiekosteneinsparungen einbezieht,
      • Drittmittelförderungen berücksichtigt und
      • Vorschläge für die Deckung dieses Kapitalbedarfs macht.
  2. Vorschläge für ein strategisches Handeln von Kirchenkreisen und der landeskirchlichen Ebene im Gebäudebereich
    1. Übertragung der datenbasierten Roadmap der EKD zur Klimaneutralität auf die Nordkirche
    2. Arbeitsprofile im Bereich des Klimaschutzmanagements
    3. Begleitung dieses Prozesses durch das Umwelt- und Klimaschutzbüro
  3. Vorschläge für ein Monitoringverfahren im Bereich der Emissionen aus der Mobilität
  4. Prüfung von Möglichkeiten des treibhausgasneutralen Umgangs mit Kirchenland
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III Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes

Die Kirchenleitung wird ebenfalls gebeten, im Rahmen einer Novellierung des Klimaschutzgesetzes die finanziellen Voraussetzungen für Klimaschutzmaßnahmen ab dem 1. Januar 2026 zu schaffen. Ebenso soll dort im Lichte der (klima-)wissenschaftlichen Diskussion ein deutliches Vorziehen des Zeitpunkts, an dem die Nordkirche bilanziell klimaneutral sein muss, auf das Jahr 2035 gesetzlich eingetragen werden.
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D Felder der Transformation

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I Gebäude

Zentrales Projekt in diesem Klimaschutzplan ist eine ambitionierte und realisierbare Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen im Gebäudebestand. Der Gebäudebereich trägt durch seinen Wärmebedarf den größten Anteil an den Treibhausgas-Emissionen. Es gilt darum, hier – auch angesichts der steigenden Kosten durch die CO2-Bepreisung – entscheidende Minderungseffekte zu erzielen.
Der Klimaschutzplan schlägt hierfür zwei zentrale Zwischenziele auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Kirche vor:
  1. Reduzierung des Energiebedarfs
    Der Energiebedarf der Nordkirche soll bis zum Jahr 2027 – bezogen auf das Mittel der Jahre 2019 bis 2021 – um 30 Prozent reduziert werden. In den folgenden Jahren bis 2035 muss er um weitere 20 Prozent reduziert, um die Treibhausgas-Neutralität im Jahr 2035 zu erreichen.
    Dieses ambitionierte Ziel ist erreichbar – der Klimaschutzplan schlägt als mögliche Transformationspfade vor:
    • Reduzierung des nordkirchlichen Gebäudebestandes
    • Dämmung der Gebäudehülle (Kirchen oder Kapellen sind gesondert zu betrachten)
    • Festlegung, wieviel Prozent des Gebäudebestands jedes Kirchenkreises und der landeskirchlichen Ebene jährlich zu optimieren sind – dies aufgeschlüsselt in jeweils unterschiedliche Raten für die Kategorien Kirchen, Pastorate, Gemeindehäuser, Kitas sowie Verwaltungsgebäude.
  2. Umstellung auf erneuerbare Energieträger
    Parallel zur Reduzierung des Energiebedarfs muss die benötigte Energie von zurzeit 2,8 Prozent bis zum Jahr 2027 zu 50 Prozent durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. In den folgenden Jahren bis 2035 muss diese Umstellung auf erneuerbare Energieträger zur Gänze geschehen, um die Treibhaus-Neutralität bis dahin zu gewährleisten.
    Der Klimaschutzplan schlägt als zielführende Maßnahmen vor:
    • Bei Kesselwechsel:
      • Vermeidung von Erdgas oder Erdöl basierten Heizsystemen
      • Prüfung des alternativen Energiebezugs mit Solartechnik, Wärmepumpen, Pellets, Holzhackschnitzeln und anderen erneuerbaren Energieträger
    • Verwendung von zertifizierten Holzpellets (EU-Norm 14961-2) bzw. Holzhackschnitzeln aus eigenen Knicks, Hecken und Wäldern
    • Anpassung der Temperierungskonzepte von Kirchräumen – dazu gehört auch die Option der Installation von Sitzpolsterheizungen in Kirchen
    • Anschluss kirchlicher Liegenschaften an kommunale Nah- und Fernwärme, die auf erneuerbaren Energieträgern basieren
    • Optimierung der Heizanlagen
Die im integrierten Klimaschutzkonzept (2012) für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland entwickelten Maßnahmen sind weiterhin zu berücksichtigen (siehe Handbuch Klimaschutz Nordkirche2#).
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II Mobilität

Weit über die Hälfte der Treibhausgas-Emissionen im Bereich der Mobilität resultiert aus den Arbeitswegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Rest entfällt auf Dienstwege und -reisen (Gremiensitzungen, Ausschüsse, Konferenzen etc.). 21 500 haupt-, nebenberuflich und rd. 73 000 ehrenamtlich Beschäftigte bedeuten deshalb ein großes Treibhausgas-Minderungspotenzial.
Unser Mobilitätsverhalten ist durch Wahlfreiheit und Routinen geprägt, die sich z. B. in einer Präferenz für bestimmte Verkehrsmittel zeigen. Ebenso müssen die unterschiedlichen Mobilitätsbedingungen innerhalb der Nordkirche (urbane, ländlich geprägte Regionen etc.) berücksichtigt werden. Mobilitätsverhalten zu verändern, bedeutet also, Gewohnheiten zu hinterfragen und vor Ort akzeptable Alternativen zu entwickeln.
Einen eindrucksvollen Beleg dafür, welches Veränderungspotenzial der Bereich Mobilität in sich birgt, lieferte die Corona-Pandemie. Viele Menschen machten sich ihr Mobilitätsverhalten bewusst und justierten es neu.
Der Klimaschutzplan schlägt als Zwischenziel die Senkung der Treibhausgas-Emissionen im Mobilitätsbereich der Nordkirche um 25 bis 30 Prozent bis Ende 2027 vor.
Dies soll mit Hilfe dieser Transformationspfade gelingen:
1. Mobilitätsmanagement
Der Klimaschutzplan schlägt vor, ein klimaschonendes Mobilitätsmanagement in den 13 Kirchenkreisen sowie für die landeskirchliche Ebene zu implementieren. Dieses besteht aus drei Aspekten:
  1. Verkehrsvermeidung: Hier gilt der Leitsatz, Verkehr nicht entstehen zu lassen. Dieses Ziel kann primär durch Maßnahmen zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten, -orten und einer Veränderung von Sitzungskulturen, u. a. durch die Nutzung digitaler Formate, erreicht werden.
  2. Verkehrsverlagerung: Es geht darum, Mobilität vom motorisierten Individualverkehr (MIV) auf emissionsarme Verkehrsträger zu verlagern. Dieses Ziel kann durch restriktive Maßnahmen wie z. B. Parkraumbewirtschaftung, mehr noch durch anreizsetzende – Schritte wie z. B. Förderung der Fahrradmobilität und Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erreicht werden. Zentrales Element hierbei ist die Neuformulierung der Reisekostenverordnung (RkVO, siehe Punkt 3).
  3. Verkehrsverbesserung und -optimierung: Entscheidungsleitend ist hierbei das Prinzip, unvermeidliche Mobilitätserfordernisse effizient und klimaschonend abwickeln. Dieses Ziel kann insbesondere durch Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität (Beschaffung, Infrastruktur, Privilegierung) erreicht werden. Hinzu kommt die Etablierung von Ride- und Carsharing-Angeboten.
2. Pilotprojekte
Der Klimaschutzplan schlägt vor, ab 2022 in Pilotprojekten Maßnahmen für klimaschonendes Mobilitätsmanagement zu entwickeln. Das Klimaschutzbüro wird die Projekte begleiten, analysieren und daraus effektiv zugeschnittene, nordkirchenweit übertragbare Maßnahmen(-pakete) erarbeiten. Dabei sind die Spezifika von Regionen, Einrichtungen und Zielgruppen zu berücksichtigen.
3. Reisekostenverordnung
Mit den erneuerten Regeln zur Erstattung von Fahrtkosten sollen Anreize für eine emissionsarme Form der Mobilität gesetzt werden. Dazu ist ein Wechsel vom Prinzip der reinen Kostenerstattung zum Prinzip der Förderung emissionsarmer Mobilität erforderlich. Der Klimaschutzplan schlägt daher eine Neuformulierung der Reisekostenverordnung (RkVO) vom 10. Oktober 2018 (KABl. S. 410) vor. Diese ist durch die Kirchenleitung bis Ende 2022 vorzunehmen. Das Landeskirchenamt soll zeitnah prüfen, was die im Blick auf die steuerliche Umsetzbarkeit bedeutet. Die Aspekte mittelfristige Kostensenkung und Verwaltungsvereinfachung sollen dabei beachtet werden.
Eckpunkte für ein neues Reisekostenrecht sollen daher diese Leitgedanken sein:
  • Fahrtkosten werden durchgehend pauschaliert (Mobilitäts- oder Entfernungspauschale). Eine pauschale Kostenerstattung soll (evtl. in unterschiedlicher Höhe) für jede Form der technisch unterstützen Mobilität geltend gemacht werden.
  • Emissionsarme Formen der Mobilität (Mitfahren, Fahrrad inklusive Pedelec, ÖPNV, E-Mobilität) sollen vorrangig genutzt werden und werden daher besonders gefördert. Die Nutzung von Flugzeugen im Inland ist generell nicht mehr zulässig.
  • Von weiteren pauschalen Erstattungen im Zusammenhang mit Reisen (Tagegeld) wird abgesehen. Damit ist auch eine deutliche Verwaltungsvereinfachung in der Abrechnung verbunden.
Der Grundgedanke sollte sein: Bei Dienstfahrten gilt eine einheitliche Mobilitäts-Pauschale für alle Verkehrsmittel (Auto, Rad, Bahn).
Als erste kurzfristige Maßnahmen auf dem Weg dahin werden vorgeschlagen:
  • Eine Gleichstellung von Fahrrad- und PKW- Kilometern,
  • eine erhöhte Pauschale für die Nutzung von E-Fahrzeugen (PKW).
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III Beschaffung / Umgang mit Kirchenland

Als Handlungsfelder mit dem größten Wirkungsgrad auf dem Weg zu einer Treibhausgas-reduzierten Beschaffung schlägt der Klimaschutzplan die Bereiche Kindertagesstätten und die Verpachtung kirchlicher Ländereien vor.
1. Kita-Verpflegung
Treibhausgas-reduzierte Beschaffung im Bereich der Kindertagesstätten kann die Treibhausgas-Bilanz der Nordkirche deutlich reduzieren. Die Kita-Verpflegung ist laut integriertem Klimaschutzkonzept der Nordkirche der wesentliche Emissionsbereich im Rahmen der Beschaffung, ursächlich dafür ist ihre tägliche Herstellung und ihr Vertrieb. Das Umwelt und Klimaschutzbüro wird gebeten, in Kooperation mit den Kita-Verbänden im Bereich der Nordkirche möglichst kostenneutrale Vorschläge für eine Reduzierung der mit diesem Bereich verbundenen Emissionen um 80 Prozent bis zum Jahr 2027 zu entwickeln.
2. Verpachtung kirchlicher Ländereien
Bei der Verpachtung kirchlicher Ländereien muss in Zukunft der Klimaschutzaspekt eine starke Rolle spielen. Deshalb sollen Kriterien abgestimmt werden, die für eine Treibhausgas-reduzierte Bewirtschaftung Anreize geben. Ein zentraler Faktor ist dabei die Wiedervernässung von Mooren. Die für die landwirtschaftliche Nutzung in den letzten 150 Jahren trockengelegten Moorböden emittieren erhebliche Mengen von Treibhausgasen. So schreibt die staatliche Zukunftskommission Landwirtschaft in ihren Empfehlungen: „Moore sind natürliche Kohlenstoffsenken, deren landwirtschaftliche Nutzung zur Freisetzung von Treibhausgasen führt. Hier bieten sich für die Landwirtschaft schnell umsetzbare, große Potentiale für Beiträge zum Klimaschutz. Dies sollte entsprechend von der Gesellschaft honoriert werden. Erforderlich ist die Erarbeitung einer nationalen Moorschutzstrategie von Bund und Ländern im engen Austausch zwischen Landwirtschaft und Naturschutzverbänden. Dabei soll im Einklang mit dem Ziel „Klimaneutralität 2045“ eine weitgehende Wiedervernässung der derzeit trocken genutzten landwirtschaftlichen Flächen erreicht werden. Für den Nutzungsausfall müssen die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden.“
Das Umwelt- und Klimaschutzbüro wird gebeten in Kooperation mit dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt, auf der Basis der im Handbuch Klimaschutz3# gemachten Vorschläge geeignete Maßnahmen und Prozesse zu initiieren bzw. zu begleiten.
3. Öko-soziale Beschaffung
Im Handlungsfeld Beschaffung finden sich weitere Einsparpotentiale. Treibhausgas-reduziert produzierte Produkte bzw. Dienstleistungen müssen zunehmend Vorrang bekommen. Unterstützung bieten
  • die Aktion ÖkoFaire Gemeinde bzw. Einrichtung,
  • die Beschaffungsverwaltungsvorschrift (BeschVwV) vom 1. Januar 2022 mit anwendungsfreundlichen Hilfestellungen,
  • der Marktplatz www.kirchenshop.de, der bisher von der Handelsgesellschaft für Kirche und Diakonie mbH betrieben und einer nordkirchlichen Steuerungsgruppe begleitet wird. Ab dem 1. Januar 2022 wird er von weiteren sechs Landeskirchen und Bistümern genutzt. Er soll in den nächsten Jahren an Marktdurchdringung gewinnen.
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IV Bildung und Kommunikation

1. Wo stehen wir?
Das Ziel einer treibhausgasneutralen Kirche erfordert mehr als die Umsetzung technischer Maßnahmen. Notwendig ist vielmehr ein Kulturwandel, der eine gesamtkirchliche Kultur der Veränderung bewirkt. Es geht darum,
  • das vorhandene Wissen ebenenübergreifend zu nutzen,
  • die Herzen zu erreichen und
  • konkretes Handeln durch Entscheidungen zu erzeugen.
Für eine Transformation dieser Größenordnung, in der Routinen und Abläufe neu erlernt werden, brauchen die, die handeln, Motivation und eine Atmosphäre der Ermutigung und der Zuversicht. Dazu braucht es Kommunikations- und Bildungsräume, in denen auch Zielkonflikte offen benannt werden. Deshalb flankiert die Nordkirche ihre Maßnahmen-Pakete zu den Bereichen Gebäude, Mobilität, Beschaffung und Landbewirtschaftung mit einer strategischen Bildungs- und Kommunikationsarbeit. Der gemeinsame Leitsatz „Die Kommunikation der Veränderung lernen – das Lernen der Veränderung kommunizieren“ beschreibt den Mehrwert dieser Kooperation.
Dies ist neu: Verbindliche strategische Kooperationen von Bildung und Kommunikation unterstützen die innerkirchlichen Veränderungsprozesse hin zu einer Klimakirche. Eine so verstandenen Bildungs- und Kommunikationsarbeit sorgt für eine erfolgreiche Vertiefung, Sensibilisierung und Verstärkung von Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes. Mit einer „Roadmap des Gelingens“ entwickelt die Nordkirche Maßnahmen für den innerkirchlichen Dialog sowie den gesamtgesellschaftlichen Diskurs und liefert wirksame Instrumente und Methoden für Leitungsgremien, Fach- und Führungskräfte und Themen-Engagierte.
2. Was wollen wir erreichen?
Bildungs- und Kommunikationsmaßnahmen bewirken auf allen Ebenen – Kirchenkreisen, Gemeinden, Diensten und Werken sowie der landeskirchlichen Ebene – der Nordkirche,
  • dass die Herzen der Menschen dafür gewonnen werden, unsere Kirche mit konkreten Handlungsschritten und Maßnahmen hin zu Klimaneutralität zu verändern;
  • dass klimaschonende, ökofaire Lösungsansätze allgemein akzeptiert sind und alle Handelnden wissen, wie diese umgesetzt werden können;
  • dass Veränderung nicht als Bedrohung erfahren wird, sondern als Kraft der Hoffnung, die alle zum Umsteuern in Richtung Klimaneutralität motiviert;
  • dass Räume geschaffen werden, in denen Zielkonflikte thematisiert und Kriterien der Entscheidungsfindung diskutiert werden;
  • dass Diskurse der unterschiedlichen Fachlichkeiten als Innovationsressourcen erkannt und genutzt werden;
  • dass engagiertes Handeln für Klimaschutz, Klimagerechtigkeit und den Schutz der biologischen Vielfalt erkennbar aus verwurzelter Spiritualität erwächst. Dies ist ein Markenkern christlichen Verhaltens in der Kirche:
    • Klimaethische Bildungsprozesse stehen im Kontext der Bemühung um weltweite Gerechtigkeit einer ökumenisch vernetzten Kirche.
    • Es entwickelt sich am Ende des fossilen Zeitalters eine neue Schöpfungstheologie und Nachhaltigkeitsethik.
    • In Prozessen des Wandels und eines Rückbaus wird die von Gott versprochene Fülle des Lebens und Chancen einer bescheideneren, maßvollen und nachhaltigen Kirche, die für die Menschen da ist, entdeckt.
3. Was muss sich dafür verändern?
  • Die Arbeitsfelder Bildung und Kommunikation müssen integriert und aufeinander bezogen ausgerichtet werden. Alle Themen rund um Klimaschutz, Biodiversität und Klimagerechtigkeit werden strategisch miteinander geplant und umgesetzt.
  • Für alle Bildungs- und Kommunikationsmaßnahmen in der Nordkirche benötigt die Umsetzung der Ziele und Maßnahmen des neuen Klimaschutzplanes Priorität. Die Umsetzungen benötigen zeitliche und finanzielle Ressourcen.
  • Multidisziplinäre Teams mit Expertinnen und Experten aus Bildungs- und Kommunikationskontexten stimmen auf landeskirchlicher wie auf Kirchenkreis-Ebene gemeinsam mit Akteuren und Akteurinnen in den Bereichen Gebäude, Mobilität, Beschaffung und Landbewirtschaftung Projekte und Prozesse ab.
  • Für Absprachen von hoher Verbindlichkeit braucht es eine neue Arbeits-Struktur, zeitnah von den Beteiligten entwickelt und mit Leben erfüllt.
  • Best-Practice-Beispiele aus unterschiedlichen Kontexten werden als Hoffnungsgeschichten erzählt und motivieren zum Nachahmen.
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E Schlussbemerkung:
Jetzt die entscheidenden Schritte gehen

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Die Dramatik des Klimawandels erfordert auch Veränderungen des kirchlichen Lebens. Die Zeit ist gekommen, sich dieser Verantwortung gleichermaßen mit Entschiedenheit und dem nötigen Pragmatismus zu stellen.
Dieser Klimaschutzplan zeigt: Expertise und Ressourcen, das fossile Zeitalter auch in der Nordkirche zu beenden, stehen zur Verfügung.
Es geht darum, jetzt die entscheidenden Schritte zu gehen.

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1 ↑ Der Beschluss der Landessynode zum Klimaschutzplan wurde am 2. Mai 2022 von der Präses unterzeichnet.
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2 ↑ Red. Anm.: Das Handbuch zum Klimaschutzplan 2022-2027 ist im Reiter „Erläuterungen“ - dort im Bereich „Materialien“ - Bestandteil der Online-Rechtssammlung; vgl. außerdem www.kirchefuerklima.de für weitergehende Informationen.
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3 ↑ Red. Anm.: Das Handbuch zum Klimaschutzplan 2022-2027 ist im Reiter „Erläuterungen“ - dort im Bereich „Materialien“ - Bestandteil der Online-Rechtssammlung; vgl. außerdem www.kirchefuerklima.de für weitergehende Informationen.