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Kirchengesetz
über die Durchführung von Sitzungen
und die Beschlussfassung kirchlicher Gremien
auch mittels Videokonferenzen
(Videokonferenzengesetz – VidKoG)

Vom 2. Oktober 2021

(KABl. S. 429)

Die Landessynode hat das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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§ 1
Geschäftsordnung, Beschluss

( 1 ) Kirchliche Gremien tagen in der Regel in persönlicher Anwesenheit. Eine Teilnahme aller oder einzelner Mitglieder kirchlicher Gremien an Sitzungen mittels Bild- und Tonübertragung in Echtzeit (Videokonferenz) kann erfolgen, wenn dies das kirchliche Gremium in seiner Geschäftsordnung vorsieht oder durch Beschluss bestimmt. Die Teilnahme an einer Videokonferenz steht in diesem Fall der persönlichen Anwesenheit an einer Sitzung vor Ort gleich. Es obliegt der einladenden Person, zu entscheiden, ob und wann eine Videokonferenz auf Grundlage der Geschäftsordnung oder eines entsprechenden allgemeinen Beschlusses durchgeführt wird. In der Geschäftsordnung oder dem entsprechenden Beschluss können besondere Voraussetzungen für eine Videokonferenz geregelt werden.
( 2 ) Eine Videokonferenz ist ausnahmsweise ohne Regelung in der Geschäftsordnung oder durch entsprechenden Beschluss möglich, wenn die persönliche Teilnahme vor Ort zu Gefahren für das Leben oder die Gesundheit der Mitglieder führen könnte oder wegen staatlicher oder behördlicher Anordnungen nur eingeschränkt möglich ist. Die Entscheidung darüber trifft die einladende Person.
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§ 2
Konstituierende Sitzungen

( 1 ) Die Durchführung einer konstituierenden Sitzung eines Kirchengemeinderats, einer Verbandsversammlung, eines Verbandsvorstands, einer Kirchenkreissynode, eines Kirchenkreisrats, der Landessynode und der Kirchenleitung als Videokonferenz ist nur zulässig, wenn die persönliche Teilnahme vor Ort zu Gefahren für das Leben oder die Gesundheit der Mitglieder führen könnte oder wegen staatlicher oder behördlicher Anordnungen nur eingeschränkt möglich ist.
( 2 ) Die für die Einberufung zu der konstituierenden Sitzung zuständige Person entscheidet über die Durchführung der Sitzung als Videokonferenz. Für die in Absatz 1 genannten Gremien der Kirchengemeinde- und Kirchenkreisebene hat die für die Einberufung zuständige Person die Durchführung der Sitzung als Videokonferenz mit der Angabe der Voraussetzungen nach Absatz 1 der Aufsicht führenden Stelle mitzuteilen.
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§ 3
Vertraulichkeit, Datenschutz

( 1 ) Es ist sicherzustellen, dass unbefugte Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können und die kirchlichen Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Es soll keine dauerhafte Speicherung der mittels Videokonferenz oder nach § 8 Absatz 2 übertragenen Inhalte erfolgen.
( 2 ) Für die technische Durchführung einer Videokonferenz sind Anbieter zu wählen, die die Datenschutzstandards der Europäischen Union einhalten.
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§ 4
Technische Ausstattung

Eine Videokonferenz darf nur durchgeführt werden, wenn allen Mitgliedern der Zugang und die Teilnahme an der Videokonferenz mit zumutbarem Aufwand möglich ist. Erforderlichenfalls ist auf Orte hinzuweisen, an denen die notwendige technische Ausstattung zur Verfügung gestellt wird.
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§ 5
Einladung, Teilnahmeberechtigung, Niederschrift

( 1 ) In der Einladung ist darauf hinzuweisen, dass die Sitzung als Videokonferenz durchgeführt wird. Den Teilnahmeberechtigten sind die Zugangsdaten rechtzeitig zu übermitteln.
( 2 ) Die Teilnahmeberechtigung der teilnehmenden Mitglieder muss überprüfbar sein.
( 3 ) Die Art der Zusammenkunft ist in der Niederschrift zu vermerken.
( 4 ) Die Einladung, schriftliche Beratungsunterlagen sowie die Niederschrift können innerhalb des Gremiums durch die Übermittlung elektronischer Dokumente ersetzt werden, wenn das Kirchenrecht nicht entgegensteht und die Mitglieder des Gremiums hierfür einen Zugang eröffnet haben.
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§ 6
Abstimmungsverfahren

( 1 ) Bei offener Abstimmung oder offener Wahl stimmen die Mitglieder in einer Form ab, die eine individuelle Zuordnung der Stimme ermöglichen.
( 2 ) Für geheime Abstimmungen oder geheime Wahlen sind technische Verfahren zu nutzen, die die anonyme Stimmabgabe ermöglichen. Alternativ kann die Stimmenabgabe durch die an der Sitzung teilnehmenden Mitglieder per Brief erfolgen; § 22 Absatz 2 und 4 des Kirchengemeinderatswahlgesetzes vom 27. Oktober 2020 (KABl. S. 355), das zuletzt durch Artikel 4 des Kirchengesetzes vom 2. Oktober 2021 (KABl. S. 415, 423) geändert worden ist, findet in der jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung.
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§ 7
Technische Störungen

( 1 ) Ist aufgrund einer dauerhaften technischen Störung einzelnen Mitgliedern oder Teilnahmeberechtigten die Teilnahme an der Sitzung nicht möglich, hat die betroffene Person dies der die Sitzung leitenden Person unverzüglich mitzuteilen.
( 2 ) Ist die Bildübertragung bei einzelnen Mitgliedern oder Teilnahmeberechtigten gestört, ist eine Sitzungsteilnahme nur mittels Tonübertragung mit Zustimmung der die Sitzung leitenden Person möglich.
( 3 ) Ist die Tonübertragung oder die Bild- und Tonübertragung bei einzelnen Mitgliedern oder Teilnahmeberechtigten gestört und dadurch eine ordnungsgemäße Durchführung der Sitzung nicht möglich, kann die die Sitzung leitende Person die Sitzung zur Wiederherstellung der Kommunikationsfähigkeit unterbrechen. Sie hat die Sitzung abzubrechen, wenn die Kommunikationsfähigkeit in angemessener Zeit nicht wieder hergestellt werden kann oder ein Viertel aller teilnehmenden Mitglieder dies verlangt.
( 4 ) Die Regelungen über die Beschlussfähigkeit bleiben unberührt. Bei Beschlussunfähigkeit ist die Sitzung abzubrechen. Bis zum Zeitpunkt des Abbruchs der Sitzung gefasste Beschlüsse bleiben in Geltung.
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§ 8
Herstellung der Öffentlichkeit

( 1 ) Macht ein kirchliches Gremium von der Möglichkeit einer Videokonferenz Gebrauch, so ist in öffentlichen Sitzungen die Herstellung der Öffentlichkeit zu gewährleisten.
( 2 ) Von dem kirchlichen Gremium selbst veranlasste Ton- und Bildübertragungen ohne redaktionelle Aufbereitung sind zulässig; ein Anspruch hierauf besteht nicht. Die Übertragung kann auch durch Dritte erfolgen. Die Übertragung der Sitzung darf den Ablauf und die Ordnung der Sitzung nicht beinträchtigen.
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§ 9
Umlaufverfahren

Für kirchliche Gremien, die nicht öffentlich tagen, ist ausnahmsweise eine Beschlussfassung in Schrift- oder Textform (Umlaufverfahren) zulässig, wenn dies in der Geschäftsordnung oder einem entsprechenden Beschluss bestimmt ist. Hierfür ist die Zustimmung aller Mitglieder zum Umlaufverfahren erforderlich und die erforderliche Mehrheit in der Sache. Für die Kirchengemeindeebene bleibt Teil 4 § 32 Absatz 4 des Einführungsgesetzes vom 7. Januar 2012 (KABl. S. 30, 127, 234), das zuletzt durch Artikel 1 des Kirchengesetzes vom 2. Oktober 2021 (KABl. S. 426) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, unberührt.
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§ 10
Inkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.1#

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1 ↑ Red. Anm.: Das Kirchengesetz trat am 1. November 2021 in Kraft.