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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:23.11.2020
Aktenzeichen:NK-MG 5 7/2020 DWHH
Rechtsgrundlage:KTD: Anlage 1 (Entgeltordnung): Abt. 3: Entgeltgruppe EP 8
Vorinstanzen:Parallelentscheidung zu NK-MG 5 4/2020 DWHH
Schlagworte:
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Leitsatz:

Nicht jede Zusatzqualifikation im Bereich Wundmanagement führt zu einer Eingruppierung nach EP 8. Diese weicht zwar von der Mindeststundenzahl ab. Es verbleibt aber als Mindestvoraussetzung, dass die Zusatzqualifikation erforderlich ist.

Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Eingruppierung des Beschäftigten M.
Herr M ist bei der Antragsgegnerin als Altenpfleger in der Einrichtung Haus A tätig. Er ist Mitglied der Mitarbeitervertretung.
Herr M war bis 31.12.2019 in die Entgeltgruppe E 7 der Abteilung 1 der EntGO KTD eingruppiert.
Herr M hat eine Fortbildung im Bereich Wundmanagement absolviert mit einer Dauer von 26 Unterrichtsstunden (Fortbildungszertifikat).
Mit Schreiben vom 04.03.2020 beantragte die Mitarbeitervertretung initiativ, den Mitarbeiter M in die Entgeltgruppe 8 der Abteilung 3 der EntGO KTD einzugruppieren. Die Dienststelle lehnte dies mit Schreiben vom 06.04.2020 ab. Der kirchengerichtliche Antrag ist am 20.04.2020 hier eingegangen.
Die Mitarbeitervertretung begründet ihren Initiativantrag und den Antrag dieses kirchengerichtlichen Verfahrens damit, dass aus ihrer Sicht der Beschäftigte M seit 01.01.2020 in die neue Abteilung 3 der EntGO KTD eingruppiert sei, dort jedoch nicht in die Entgeltgruppe 7, sondern in die Entgeltgruppe 8. Nach ihrem Verständnis erfülle Herr M dessen Voraussetzung. Er sei Pflegefachkraft i. S. d. Entgeltgruppe 7 Nr. 1 und habe darüber hinaus eine Fortbildung im Wundmanagement absolviert. Nach Satz 2 der Entgeltgruppe 8 erfülle Herr M damit die Anforderungen des Wortlauts, denn nach Auffassung der Mitarbeitervertretung sei nach Satz 2 unschädlich, dass die Zusatzqualifikation keine mindestens 150 Stunden gedauert habe. Eine konkrete Ausübung der Tätigkeit sei ebenfalls nicht erforderlich. Tätigkeitsbezogene Zusatzqualifikationen würden nach Satz 1 erfasst, die in Satz 2 genannten Qualifikationen würden privilegiert. Dies sei auch Wille der Tarifpartner gewesen. Qualifikationen im Wundmanagement, als Pain Nurse oder Hygienebeauftragte sollten privilegiert werden.
Sie beantragt daher,
festzustellen, dass die Weigerung der Antragsgegnerin, Herrn M in die Entgeltgruppe EP 8 der Abteilung 3 der Entgeltordnung des KTD mit Wirkung zum 01.01.2020 umzugruppieren, rechtswidrig ist.
Die Dienststelle beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Dienststelle ist der Ansicht, der Mitarbeiter Herr M sei korrekt eingruppiert. Eine Eingruppierung nach EP 8 ergäbe sich auch nicht über dessen Satz 2. Zwar sollten die dort aufgeführten Qualifikationen, die sämtlich im Bereich von 40 – 60 Stunden erlangt würden, privilegiert werden, jedoch unbeschadet der Voraussetzung nach Satz 1, dass diese auch erforderlich seien. Dies bedeute, dass diese für die Tätigkeit erforderlich seien. Tätigkeiten seien solche, die den Beschäftigten übertragen worden seien. Dem Beschäftigten M seien Tätigkeiten des Wundmanagements nicht übertragen worden, er übe solche Tätigkeiten auch nicht aus.
Es könnten auch nicht sämtliche Beschäftigte, die eine der drei Qualifizierungen absolviert hätten, tätigkeitsunabhängig einen Höhergruppierungsanspruch erlangen. Dies würde das Finanzierungssystem der Einrichtungen sprengen.
Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus der Dienstvereinbarung, da auch hier lediglich der Wortlaut der Entgeltordnung wiederholt würde, nicht jedoch konstitutiv für das Wundmanagement eine Eingruppierung geregelt werden sollte.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen und verwiesen.

II.

Der Antrag der Dienststellenleitung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Weigerung der Dienststelle, den Beschäftigten M in EP 8 der Abteilung 3 Entgeltordnung KTD umzugruppieren, ist nicht rechtswidrig.
Der Beschäftigte M ist nach seinen Tätigkeiten korrekt in EP 7 Abteilung 3 EntGO KTD eingruppiert.
Die Abteilung 3 der Anlage 1 zum KTD findet Anwendung auf Beschäftigungsverhältnisse in der stationären und ambulanten Pflege, für alle Arbeitnehmerinnen i. S. d. §§ 1 und 2, die in Einrichtungen tätig sind, deren Aufgaben überwiegend in der ambulanten und teil-/stationären Pflege liegen und die von den Eingruppierungsregeln dieser Abteilung erfasst werden.
Es besteht Einigkeit, dass der Beschäftigte M hierunter fällt.
Arbeitnehmerinnen mit einer Qualifikation als Pflegefachkraft im Sinne des SGB XI mit entsprechenden Tätigkeiten und Beispielstätigkeiten unterfallen der EP 7 Fallgruppe 1.
Es besteht Einigkeit, dass der Beschäftigte M die Anforderungen dieser Entgeltgruppe erfüllt.
Nach EP 8 sind hingegen eingruppiert Arbeitnehmerinnen der Entgeltgruppe EP 7, Fallgruppe 1 mit einer für die Tätigkeit erforderlichen Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 150 Stunden (Satz 1). Unbeschadet dieser Mindestanforderung erfüllt eine Zusatzqualifikation im Wundmanagement, als Hygienebeauftragte oder als Pain Nurse diese Voraussetzung (Satz 2). Über eine Dienstvereinbarung werden die Einzelheiten geregelt, insbesondere was erforderliche Zusatzqualifikationen sind (Satz 3). In dieser Dienstvereinbarung kann auch von den Voraussetzungen des Satzes 1 abgewichen werden (Satz 4).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beschäftigte M eine Zusatzqualifikation im Wundmanagement im Umfang von 26 Stunden absolviert hat. Damit erfüllt die Zusatzqualifikation nicht die Anforderungen des Satzes 1.
Die Zusatzqualifikation Wundmanagement ist jedoch in Satz 2 als eine Qualifikation aufgeführt, die unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls eine Eingruppierung in EP 8 nach sich zieht.
Aus Sicht der Kammer führt nicht jede Zusatzqualifikation im Bereich Wundmanagement zu einer Eingruppierung nach EP, denn der Satz 2 ist nicht schranken- bzw. bedingungslos. Satz 2 führt aus, dass unbeschadet dieser Mindestanforderung eine Zusatzqualifikation im u. a. Wundmanagement diese Voraussetzung erfüllt. Damit knüpft Satz 2 offensichtlich an den Satz 1 an. Unbeschadet bedeutet nach allgemeinem Verständnis, dass etwas bestehen und unangetastet bleibt; im Rahmen der Tarifautomatik bedeutet dies, dass ein Tarifmerkmal besteht.
In Rahmen des EP 8 Satz 2 bezieht sich „unbeschadet“ auf eine Mindestvoraussetzung, die bestehen bleibt. In Satz 1, an welchen angeknüpft wird, wird gesprochen von „einer Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 150 Stunden“. Da der Satz 2 gerade von der Mindeststundenzahl abweicht, kann dies nicht Anknüpfungspunkt der Regelung „Mindestvoraussetzung“ sein.
Weiterer Anknüpfungspunkt kann daher nur die Zugehörigkeit zur Entgeltgruppe EP 7, Fallgruppe 1 sein oder, dass die Zusatzqualifikation erforderlich ist. Aus Sicht der Kammer kann es sich nach dem Wortlaut und nach der Systematik nur um die „Erforderlichkeit“ handeln, denn diese wird auch in Satz 3 aufgegriffen, als dort geregelt ist, dass im Weiteren durch Dienstvereinbarung geregelt werden könne, was erforderliche Zusatzqualifikationen seien.
In Bezug auf die konkrete Tätigkeit des Herrn M ist die Erforderlichkeit der Zusatzqualifikation „Wundmanagement“ jedoch nicht dargetan. Herr M erbringt keine Tätigkeiten des Wundmanagements und solche Tätigkeiten sind ihm auch nicht übertragen.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Dienstvereinbarung der Beteiligten. Soweit in der Dienstvereinbarung die drei Zusatzqualifikationen des Satzes 2 der EP aufgeführt sind, handelt es sich um eine deklaratorische Nennung, nicht hingegen um eine konstitutive Nennung, die einen Eingruppierungsanspruch entgegen des Wortlautes in EP 8 Satz 2 auch für den Fall gewähren wollte, dass die Zusatzqualifikation nicht erforderlich sei.
Entscheidungen des Kirchengerichtes sind gerichtskostenfrei.
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Tiemens (Vorsitzender Richter)