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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:06.01.2020
Aktenzeichen:NK-MG 5 15/2019 DWHH
Rechtsgrundlage:§ 36 Absatz 5 MVG-EKD
Vorinstanzen:
Schlagworte:
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Leitsatz:

Eine Teilkündigung ist möglich, wenn sie sich auf einen selbstständigen Teil der Dienstvereinbarung erstreckt, so dass die übrigen, ungekündigten Teile der Dienstvereinbarung noch eine in sich stimmige Regelung enthalten, und wenn die Teilkündigung nicht in der Dienstvereinbarung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

Tenor:

Die Zustimmung der Antragsgegnerin zu den Stunden- und Dienstplänen der Fachschule A für das erste Halbjahr des Schuljahres 2019/2020 wird ersetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob der zu 2. beteiligten Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung der von der Antragstellerin erstellten Dienstpläne zusteht.
Die Antragstellerin betreibt in ihrem Bereich Bildung diverse Schulen, unter anderem die Fachschule A. Auf die bei der Antragstellerin bestehenden Arbeitsverhältnisse findet der KTD Anwendung.
Die Beteiligten hatten zur Regelung der Rahmenbedingungen für die Umsetzung der tarifvertraglichen Jahresarbeitszeit und des Arbeitszeitkontos in den Schulen des Bereichs „Bildung“ (Schulen B) und der Fachschule H, jetzt Fachschule A im Jahr 2017 die Dienstvereinbarung DV3 geschlossen. Die Gliederung der DV3 lautet
1. Geltungsbereich
Diese Dienstvereinbarung gilt für alle pädagogischen Mitarbeiterinnen in den Schulen des Bereiches Bildung der Evangelischen Stiftung A (im folgenden Dienststelle genannt) und der Fachschule H beschäftigt sind.
2. Ziel der Vereinbarung
3. Berechnungsgrundlagen
4. Regelung für Klassenteams
5. Regelung für die Lehrkräfte an den Schulen B
6. Regelungen für die Lehrkräfte an der Fachschule H
7. Regelungen für die Sozialpädagoginnen an den Schulen B
8. Regelungen für Erzieherinnen an den Schulen A
9. Ausflüge und Exkursionen (Besuch von außerschulischen Lernorten)
10. Regelungen für Klassenfahrten
11. Teilzeitbeschäftigung
12. Überschreitung des Aufgabenumfangs
13. Erstellung der Stunden- und Dienstpläne für das jeweilige Schuljahr
14. Zeiterfassung
15. Urlaub
16. Umgang mit Beschwerden
17. Geltungsdauer
In Änderung und Ergänzung der DV3 schlossen die Beteiligten am 27.04./17.05.2017 die Dienstvereinbarung DV3a.
Mit Schreiben vom 29.05.2019 erklärte die Antragstellerin gegenüber der Beteiligten zu 2. u. a.:
„Nach erneuter Ablehnung ihrerseits, die Verhandlungen fortzuführen, sehen wir uns daher leider gezwungen, hiermit zum 31.07.2019 eine Teilkündigung der DV3 auszusprechen. Die Kündigung gilt für die DV3 mit Ausnahme der Regelungen, die für die Lehrkräfte an der Fachschule A (zuvor Fachschule H) gelten, da dieser Bereich von der Strategie 2020 nicht betroffen ist. […] Lediglich hilfsweise für den Fall, dass diese Teilkündigung nicht wirksam sein sollte, erklären wir hiermit auch die Kündigung der DV3 insgesamt zum 31.07.2019.“
Das Schuljahr an den Schulen der Antragstellerin beginnt jeweils am 1. August.
Mit E-Mail vom 05.08.2019 erklärte die Mitarbeitervertretung,
„ihr sei nicht klar, wann das pädagogische Personal zurück in der Schule sei und der Unterricht an der fachschule wieder aufgenommen werde“.
Mit E-Mail vom selben Tag übermittelte die Dienststelle der Mitarbeitervertretung die Stunden- und Dienstpläne zur Mitbestimmung. Mit E-Mail vom 06.08.2019 ergänzte die Dienststelle den Antrag. Mit E-Mail und Schreiben vom 08.08.2019 lehnte die Mitarbeitervertretung den Antrag ab.
Nach Auffassung der Dienststelle sei die DV3 auf Grund der Teilkündigung wirksam geblieben für die Lehrkräfte an der Fachschule A. Bei der DV3 handele es sich um eine Dienstvereinbarung, die wie auch Betriebsvereinbarungen teilweise gekündigt werden könnten, wenn nichts Gegenteiliges geregelt sei und die Teilkündigung einen selbstständigen Regelungskomplex betreffe.
Gemäß dieser DV3 seien die Stunden- und Dienstpläne für die Lehrkräfte für das erste Halbjahr 2019/2020 erstellt und zur Mitbestimmung ordnungsgemäß übergeben worden. Die Mitarbeitervertretung habe die Zustimmung verweigert, ohne zuvor eine Erörterung beantragt zu haben. Die Mitarbeitervertretung habe nicht gerügt, dass die Stunden- und Dienstpläne nach der DV3 fehlerhaft aufgestellt seien. Sie rüge vielmehr ausschließlich, dass eine Teilkündigung nicht möglich gewesen sei und die Pläne deshalb ohne rechtliche Grundlage aufgestellt worden seien.
Sie beantragt daher,
die Zustimmung der Antragsgegnerin zu den Stunden- und Dienstplänen der Fachschule A für das erste Halbjahr des Schuljahres 2019/2020 zu ersetzen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die DV3 sei auf Grund der Kündigungserklärung der Dienststelle beendet. Eine Teilkündigung sei nicht möglich gewesen. Eine solche Teilkündigung sei nur in Ausnahmefällen möglich und nur dann, wenn dies ausdrücklich als zulässig vereinbart worden sei oder wenn sie sich auf einen selbstständigen Teil der Dienstvereinbarung beziehe, so dass die übrigen ungekündigten Teile der Dienstvereinbarung noch in sich stimmige Regelungen enthielten. Weder sei eine Teilkündigung in der DV3 als Möglichkeit geregelt gewesen, noch sei eine erkennbar selbstständige Regelung übriggeblieben.
Es sei bereits nicht erkennbar, welche Teile der DV3 weitergelten sollten.
Die zur Mitbestimmung gestellten Dienst- und Stundenpläne seien daher unrechtmäßig. Bezogen auf die seitens der Mitarbeitervertretung auf den Seiten 3 bis 14 des Schriftsatzes vom 22.11.2019 genannten 26 Personen sei völlig unklar, welche Pausen, Arbeitszeiten, Ausgleichszeiten, Unterrichtsverpflichtungen und sonstigen Verpflichtungen gelten sollten. Auch enthielten die Dienstpläne unzulässige Pauschalen für gewissen Tätigkeiten.

II.

Der Antrag der Dienststellenleitung ist zulässig und begründet.
Die seitens der Mitarbeitervertretung und Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zu den vorgelegten Stunden- und Dienstplänen der Fachschule A für das erste Schulhalbjahr ist gemäß § 60 Abs. 6 MVG-EKD zu ersetzen.
Die seitens der Dienststelle und Antragstellerin vorgelegten Stunden- und Dienstpläne sind rechtmäßig.
Die als Stunden- und Dienstpläne zur Mitbestimmung gestellten Pläne sind als Anlagenkonvolut ASt5 zur Gerichtsakte gereicht worden. Diese sind erkennbar auf den Regelungen der DV3 (Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit in den Schulen des Bereichs Bildung und der Fachschule H) erstellt worden.
Dass die Stunden- und Dienstpläne auf Grundlage der DV3 gegen diese verstießen ist weder ersichtlich noch seitens der Mitarbeitervertretung vorgetragen oder gerügt worden. Aus den Stunden- und Dienstplänen ergeben sich auch die sämtlichen zusätzlichen Regelungen hinsichtlich Pausen etc.
Soweit die Mitarbeitervertretung die Verweigerung der Zustimmung zu den Stunden- und Dienstplänen ersichtlich darauf gründet, die DV3 finde keine Anwendung mehr, so dass die Stunden- und Dienstpläne nicht auf deren Regelungen gestützt werden könnten, trägt dies nicht.
Die streitgegenständliche DV3 ist hinsichtlich des Geltungsbereiches für die Fachschule A weiterbestehend.
Die Antragstellerin hat die DV3 lediglich bezogen auf die Wirkung auf die Schulen des Bereichs Bildung, die sogenannten Schulen B, gekündigt. Die Antragstellerin hat eine Teilkündigung ausgesprochen. Alle Regelungen der DV3 bezogen auf die Fachschule A, im Text der DV3 noch Fachschule H genannt, gelten fort.
Aus Sicht der Kammer ist der Geltungsbereich auch eindeutig, da sich die Teilkündigung lediglich auf die Regelungen zu den Schulen B und damit die Ziffern 5, 7 und 8 der DV3 erstreckte. Die Regelungen Ziffer 1 bis 4, 6 und 9 bis 17 der DV3 geltend bezogen auf die Fachschule A fort. Eine Änderung ist bezogen auf diese Schulen nicht eingetreten, die sämtlichen Regelungen den Beteiligten auch klar.
Eine Teilkündigung war aus Sicht der Kammer auch möglich. Eine Teilkündigung ist nur dann möglich, wenn sie ausdrücklich als zulässig vereinbart worden ist – hier nicht einschlägig – oder wenn sie sich auf einen selbstständigen Teil der Dienstvereinbarung erstreckt, so dass die übrigen, ungekündigten Teile der Dienstvereinbarung noch eine in sich stimmige Regelung enthalten [und: Zusatz der Kammer, die Teilkündigung nicht in der Dienstvereinbarung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist – hier nicht der Fall] (vgl. Fey/Rehren, Kommentar MVG-EKD, § 36 Rz 21, mwN auf Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG § 77 Rz 153, BAG v. 06.11.2007, NZA 2008 S.422). Die Teilkündigung war als Möglichkeit in der Dienstvereinbarung nicht genannt, sie bezieht sich jedoch auf einen abgrenzbaren Teil, nämlich den ausschließlich verbleibenden Geltungsbereich auf die Fachschule A, die anders behandelt wird und werden kann als die Schulen B. Da die Teilkündigung nicht ausdrücklich ausgeschlossen war, blieb diese möglich.
Entscheidungen des Kirchengerichtes sind gerichtskostenfrei.
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Tiemens (Vorsitzender Richter)