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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:06.11.2018
Aktenzeichen:NK-MG 1-21/2017
Rechtsgrundlage:KAT: Anlage 1, Abteilung 1, K 3
Vorinstanzen:nachfolgend: Kirchengerichtshof der EKD: KGH.EKD II-0124/2-2019 (Nichtannahme)
Schlagworte:
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Leitsatz:

Nicht jede Arbeit, die am PC verrichtet wird, ist eine Verwaltungstätigkeit, die Fachkenntnisse voraussetzt. Auch eine telefonische Nachfrage und ein Eintragen weiterer Angaben in ein Buchungssystem erfordert noch keine Verwaltungsausbildung, sondern ist der Tätigkeit einer Schreibkraft vergleichbar.

Tenor:

Die verweigerte Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau M in die Entgeltgruppe 3 Abt. 1 KAT wird ersetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die zutreffende Eingruppierung von Frau M.
Frau M ist seit dem X.Y.2015 bei dem Antragsteller Fachbereich I im Sitzungsservice beschäftigt mit einer Wochenarbeitszeit von 24 Stunden. Der Einstellung von Frau M hat die Mitarbeitervertretung zugestimmt. Über die Frage der zutreffenden Eingruppierung haben die Beteiligten längere Zeit miteinander verhandelt und diese erörtert. Eine erste Arbeitsplatzbewertung wurde am X.Y.2015 erstellt; eine weitere Stellenbeschreibung nebst Arbeitsplatzbewertung gibt es vom X.Y.2017. Eine Einigung über die Eingruppierung konnte nicht erzielt werden; die Dienststelle erklärte mit Schreiben vom X.Y.2017 die Erörterung für beendet. Mit Schreiben vom X.Y.2017 teilte die Mitarbeitervertretung der Dienststelle ihren Beschluss mit, der Eingruppierung von Frau M in die Entgeltgruppe 3 Abt. 1 KAT zu widersprechen.
Der Antragsteller hält an der Stellenbeschreibung und Arbeitsplatzbewertung vom X.Y.2017 fest. Er hat dort fünf Arbeitsvorgänge gebildet, nämlich
1. die Vorbereitung der täglichen Sitzungen, Sichtung des Buchungssystems, Herrichten der Räume, Eindecken mit 48 % der Arbeitszeit,
2. Termin- und Raumkoordination bei Überbuchungen mit 2 % der Arbeitszeit,
3. Erstellung der Rechnungen und Veranlassung von Buchungen mit 10 % der Arbeitszeit,
4. Bestellung von Verbrauchsmitteln und Sitzungsverpflegung, Beratung der Veranstalter, verantwortlich für die Auswahl der Lieferanten und Caterer, Qualitätskontrolle mit 22 % der Arbeitszeit,
5. Bedienung und Pflege der elektrischen Geräte (Kaffeemaschine und Wasserkocher, Geschirrspüler, Mikrowelle), Pflege der Küchengeräte aller Etagenpantrys mit 18 % der Arbeitszeit.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass lediglich hinsichtlich der Arbeitsvorgänge 3 und 4 Fachkenntnisse benötigt würden; hier ergäbe sich ein Zeitanteil von insgesamt 32 % der Arbeitszeit. Hinsichtlich der Arbeitsvorgänge 1, 2 und 5 sieht der Antragsteller lediglich arbeitsfeldspezifische Kenntnisse für erforderlich an. Da für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 4 KAT zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge vorliegen müssten, die den Anforderungen der Entgeltgruppe entsprechen, mithin Arbeitsvorgänge, für die Fachkenntnisse erforderlich seien, sei Frau M zutreffend in die Entgeltgruppe 3 des KAT eingruppiert. Der Antragsteller vermag der von der Mitarbeitervertretung vorgenommenen Aufteilung von Arbeitsvorgängen in dem Schreiben vom X.Y.2017 nicht zu folgen, sieht aber auch für die von der Mitarbeitervertretung dort gebildeten Arbeitsvorgänge (insbesondere 1, 3 und 4) das Erfordernis von Fachkenntnissen nicht als gegeben an. Es sei schon nicht zutreffend, dass, wie von der Mitarbeitervertretung behauptet, 70 % der Raumbuchungen unvollständig seien. Auch gäbe es hier nicht wirklich regelmäßige Besprechungen, und die Mitarbeiterin sei auch nicht in der Beratung zu Veranstaltungen tätig. Planerische Aufgaben, die über die Eingabe von Buchungen in den PC hinausgingen, habe sie nicht zu erledigen. Daher seien hier weder Kenntnisse von Gesetzen, Verordnungen oder sonstigen Vorschriften noch Fachkenntnisse in organisatorischer Hinsicht erforderlich. Soweit in dem von der Mitarbeitervertretung gebildeten Arbeitsvorgang „Kontrolle und Verwaltung Service“ das Erstellen von Rechnungen inbegriffen sei, habe er, der Antragsteller, diese Tätigkeit ebenso als eine solche bewertet, für die Fachkenntnisse erforderlich seien. Eine „langfristige Planung“, wie dies die Mitarbeitervertretung mit ihrem Arbeitsvorgang Nummer 4 unterstelle, habe die Mitarbeiterin nicht zu leisten. Buchungen der Räume erfolgten über die EDV-Buchungsliste; für jeden eine Buchung vornehmenden Mitarbeiter sei aus der EDV ersichtlich, welche Räume zu welchen Zeiten etwa bereits belegt seien, und jeder wisse auch, dass Räume, die bereits gebucht seien, nicht doppelt gebucht werden könnten. Die in diesem von der Mitarbeitervertretung gebildeten Arbeitsvorgang enthaltene Position des Einholens von Angeboten für die Bestellung von Lebensmitteln oder Getränken sei von ihm, dem Antragsteller, als Arbeitsvorgang 4 mit einem Zeitanteil von 22 % der Arbeitszeit ebenfalls als höherwertiger Arbeitsvorgang bewertet worden. Insgesamt ergäbe sich jedoch nicht, dass die Mitarbeiterin während mindestens der Hälfte ihrer Arbeitszeit Tätigkeiten verrichte, für die sie Fachkenntnisse benötige.
Der Antragsteller beantragt,
die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe 3 Abt. 1 KAT zu ersetzen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung hält an den von ihr gebildeten Arbeitsvorgängen fest und sieht insbesondere für den Arbeitsvorgang 1 „Planung Service“ mit einem Zeitanteil von 45 % der Arbeitszeit das Erfordernis von Fachkenntnissen. Die Mitarbeiterin habe zu überprüfen, ob die im System vorgenommenen Buchungen plausibel und vollständig seien; dies sei in ca. 70 % der Buchungen nicht der Fall. Dann habe die Mitarbeiterin die Buchung zu ergänzen bzw. zu vervollständigen und dann, wenn der Veranstalter, nämlich der oder die Buchende, nicht erreichbar sei, die offenen Punkte eigenständig zu ergänzen. Dies setze Fachkenntnisse voraus. Dabei sei zu beachten, dass täglich zwischen 8 und 20 Buchungen zu überprüfen seien. Im Übrigen gäbe es regelmäßige Besprechungen mit den verantwortlichen Personen für bestimmte Veranstaltungen, etwa Kirchenkreisratsveranstaltungen, Pröpstekonvent oder Wahlveranstaltungen. Die Mitarbeiterinnen hätten dann auch die für Veranstaltungen verantwortlichen Personen zu beraten und Empfehlungen für Gerichte und die Gestaltung der Veranstaltung abzugeben. Insgesamt seien bei diesem Arbeitsvorgang administrative Tätigkeiten am Schreibtisch zu erledigen, die Fachkenntnisse i. S. d. Entgeltgruppe K 4 erforderten. Die Tätigkeiten gingen über Anlerntätigkeiten nach Entgeltgruppe K 3 hinaus und seien nicht vergleichbar mit Tätigkeiten wie etwa Schreibkräften oder Fahrern. Die Mitarbeitervertretung verweist darauf, dass Frau M eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau absolviert hat und mehrere Jahre im Gastgewerbe und im Service tätig war. Daher habe sie das erforderliche Fachwissen im Verwaltungsbereich als auch im hauswirtschaftlichen Bereich. Insgesamt liege der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in administrativen Verwaltungstätigkeiten, die in Entgeltgruppe K 4 einzustufen seien.

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.
Gem. § 60 Abs. 5 MVG-EKD hat das Kirchengericht, wenn es feststellt, dass für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung gem. § 41 MVG-EDK vorliegt, die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu ersetzen. Wenn es, wie vorliegend, um die Frage der Eingruppierung einer Mitarbeiterin geht, dann liegt gem. § 42 MVG-EKD ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht vor; die Mitarbeitervertretung darf in diesen Fällen die Zustimmung nur verweigern, wenn einer der Gründe des § 41 MVG-EKD vorliegt.
Der Antragsteller hat zur Überzeugung des Kirchengerichtes dargelegt, dass die Gesamtheit der von der Mitarbeiterin zu erbringenden Tätigkeiten der Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 3 Abt. 1 KAT entspricht. Eine höhere Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 4, wie die Mitarbeitervertretung dies sieht, kommt nicht in Betracht, weil die Mitarbeiterin nicht zu wenigstens der Hälfte ihrer Arbeitszeit Arbeitsvorgänge verrichtet, für die Fachkenntnisse erforderlich sind.
In die Entgeltgruppe K 3 sind Arbeitnehmerinnen mit Tätigkeiten eingruppiert, für die eine eingehende Einarbeitung und arbeitsfeldspezifische Kenntnisse erforderlich sind. Eine Ausbildung ist nicht erforderlich; die arbeitsfeldspezifischen Kenntnisse sind solche, die nicht nur über die Einarbeitung erworben werden. Als Beispiele werden hier genannt: eine Fahrerin, eine Schreibkraft oder eine Hausmeisterin, soweit nicht höher eingruppiert.
In Entgeltgruppe K 4 werden Arbeitnehmerinnen eingruppiert, die Tätigkeiten zu verrichten haben, die Fachkenntnisse erfordern. Fachkenntnisse können durch Ausbildung (bis zu 2 Jahren) oder entsprechende Berufserfahrung in dieser Tätigkeit erworben werden. Im Rahmen der Tätigkeit zu beachtende Gesetze, Bestimmungen und Vorschriften müssen bekannt sein und die Aufgaben müssen eigenständig ausgeführt werden. Als Beispiel wird hier die Hausmeisterin mit förderlicher Ausbildung genannt.
Die Beteiligten sind hinsichtlich der Bewertung der Tätigkeiten „Erstellen der Rechnungen und Veranlassung von Buchungen“ sowie „Bestellung von Verbrauchsmaterialien und Sitzungsverpflegung“ in ihrer Bewertung einig; beide Seiten gehen davon aus, dass hier Fachkenntnisse benötigt werden. Insbesondere streitig war jedoch der von dem Antragsteller gebildete Arbeitsvorgang 1 „Vorbereitung der täglichen Sitzungen“ bzw. der von der Mitarbeitervertretung ebenfalls als Nummer 1 benannte Arbeitsvorgang „Planung Service“. Hinsichtlich der Bewertung der Zeitanteile (Antragsteller: 48 %, Mitarbeitervertretung: 45 %) sind sich die Beteiligten weitgehend einig.
Soweit allerdings die Mitarbeitervertretung in dieser Tätigkeit das Erfordernis von Fachkenntnissen darin sieht, dass Buchungen unvollständig seien, hier Nachfragen erforderlich seien und es regelmäßige Besprechungen gäbe, hat das Kirchengericht nicht nachzuvollziehen vermocht, welche Fachkenntnisse hier benötigt werden. Nicht streitig ist, dass Buchungen im Wesentlichen im EDV-System nachzulesen sind und es zu den Aufgaben der Mitarbeiterin gehört, diese Buchungsliste täglich einzusehen und abzuarbeiten. Aber nicht jede Arbeit, die am PC verrichtet wird, ist eine Verwaltungstätigkeit, die Fachkenntnisse voraussetzt. Wenn und soweit Listen einzusehen, abzuarbeiten bzw. zu ergänzen sind, sieht das Kirchengericht nicht, dass hier Tätigkeiten verrichtet werden, die über dem Anforderungsniveau einer Schreibkraft liegen. Die Tätigkeit einer Schreibkraft ist eines der Beispiele für eine zutreffende Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 3.
Und selbst dann, wenn 70 % der Buchungen unvollständig sein sollten - was die Antragstellerseite bestritten hat -, vermag das Kirchengericht nicht nachzuvollziehen, weshalb hier erforderliche Nachfragen Fachkenntnisse erfordern. Auch eine telefonische Nachfrage und ein Eintragen weiterer Angaben in ein Buchungssystem erfordert zur Überzeugung des Kirchengerichts noch keine Verwaltungsausbildung, sondern ist ebenfalls der Tätigkeit einer Schreibkraft vergleichbar. Auch eine Teilnahme an Besprechungen setzt zunächst keine Kenntnisse von Gesetzen, Verordnungen oder anderen Vorschriften voraus oder eine bestimmte kaufmännische (oder Verwaltungs-) Ausbildung.
Insoweit kommt es nicht darauf an, dass Frau M eine kaufmännische Ausbildung hat, sondern darauf, ob sie die für die von ihr abgeforderte Tätigkeit auch benötigt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Stellenausschreibung, die bei den Aufgaben den Fokus auf die Vor- und Nachbereitung von Sitzungsverpflegungen, das Herrichten der Sitzungsräume und das Bereitstellen von Getränken und Verpflegung legt; für das Profil wird benannt eine Ausbildung als Hauswirtschafterin oder vergleichbar, sowie Erfahrung als Küchenhilfe. Es werden Grundkenntnisse in den EDV-Programmen vorausgesetzt. Eine Ausbildung als etwa Veranstaltungskauffrau wird gerade nicht abverlangt. Selbst eine ausgebildete Hauswirtschafterin - die Frau M nicht ist - ist aus Sicht des Kirchengerichts nicht vergleichbar mit einer „Hausmeisterin mit förderlicher Ausbildung“, wie sie als Beispiel für die Entgeltgruppe K 4 benannt ist. Das Kirchengericht sieht vielmehr auch in diesem Fall eher eine Vergleichbarkeit mit dem Beispiel der Entgeltgruppe K 3, der Hausmeisterin, soweit nicht höher eingruppiert.
Damit kommt Frau M insgesamt nicht auf einen Zeitanteil von mehr als 32 % für Tätigkeiten, die Fachkenntnisse erfordern; in die Entgeltgruppe K 3 Abt. 1 KAT ist sie somit zutreffend eingruppiert.
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Raasch (Vorsitzende Richterin)
Jensen-Bundels (Richterin)
Bodin (Richter)