.

Geltungszeitraum von: 01.04.1998

Geltungszeitraum bis: 02.01.2018

Kirchengesetz
vom 29. März 1998 über die Sicherung
und Nutzung kirchlichen Archivgutes
(Archivgesetz)1#

(KABl 1998 S. 16)2#

#

Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

###

§ 1
Geltungsbereich

( 1 ) Dieses Kirchengesetz regelt den Umgang mit kirchlichem Archivgut für die Landeskirche, ihre Kirchgemeinden und Kirchenkreise sowie für ihre unselbstständigen Werke und Einrichtungen (im Folgenden: kirchliche Stellen).
( 2 ) Dieses Kirchengesetz gilt für die kirchlichen Werke, Einrichtungen und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, wenn und soweit die zuständigen Organe die Übernahme dieses Kirchengesetzes beschlossen haben.
#

§ 2
Begriffsbestimmungen

( 1 ) Kirchliches Archivgut sind alle archivwürdigen, zur dauernden Aufbewahrung bestimmten Unterlagen, die
  1. bei kirchlichen Stellen entstanden sind,
  2. von kirchlichen Archiven zur Ergänzung ihres Archivgutes erworben oder ihnen übereignet worden sind,
  3. kirchlichen Archiven durch Dauerleihvertrag übergeben worden sind (Deposita).
( 2 ) Archivwürdig sind Unterlagen, die aufgrund ihrer kirchlichen, rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedeutung für die Erforschung und das Verständnis von Geschichte und Gegenwart, für die kirchliche Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung von bleibendem Wert sind und die auf Grund von Rechtsvorschriften oder zur Sicherung berechtigter Belange Betroffener dauernd aufzubewahren sind.
( 3 ) Unterlagen sind Akten, Kirchenbücher und andere Amtsbücher, Urkunden, Handschriften und andere Schriftstücke, Dateien, amtliche Druckschriften, Pläne, Karten, Plakate, Siegel, Petschafte, Bild-, Film- und Tondokumente sowie sonstige, auch maschinenlesbare Informations- und Datenträger. Unterlagen sind auch die zur Auswertung, Sicherung und Nutzung erforderlichen Hilfsmittel und Programme.
#

§ 3
Kirchliche Archive und ihre Aufgaben

( 1 ) Die kirchlichen Stellen errichten und unterhalten Archive für das in ihrem Bereich entstandene Archivgut. Sie können durch Rechtsakt gemeinsame Archive für mehrere Rechtsträger errichten oder ihr Archivgut einem anderen kirchlichen Archiv im Geltungsbereich dieses Kirchengesetzes als Depositum zur Verwahrung übergeben. Verträge sind schriftlich abzufassen und bedürfen der Genehmigung des Oberkirchenrates. Die jeweiligen Eigentumsrechte am Archivgut bleiben davon unberührt.
( 2 ) Die kirchlichen Archive haben die Aufgabe, das Archivgut in ihrem Zuständigkeitsbereich
  1. festzustellen, zu erfassen, zu bewerten und aufzunehmen,
  2. auf Dauer zu verwahren, zu sichern, instandzusetzen und zu erhalten,
  3. zu erschließen, nutzbar zu machen, für die Benutzung bereitzustellen und auszuwerten.
#

§ 4
Verwahrung, Sicherung und Erschließung

( 1 ) Kirchliches Archivgut ist unveräußerlich. Es darf nur mit Genehmigung des Oberkirchenrates an andere Archive als Depositum abgegeben werden.
( 2 ) Die kirchlichen Stellen haben die notwendigen organisatorischen, technischen und personellen Maßnahmen zu treffen, um die dauernde Aufbewahrung, Erhaltung und Benutzbarkeit des Archivgutes zu gewährleisten sowie dessen Schutz vor unbefugter Benutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung sicherzustellen. Insbesondere sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um vom Zeitpunkt der Übernahme an solche Unterlagen zu sichern, die personenbezogene Daten enthalten oder Rechtsvorschriften über Geheimhaltung unterliegen.
( 3 ) Für die Erfüllung ihrer Aufgaben dürfen die kirchlichen Archive das Archivgut in maschinenlesbarer Form erfassen, speichern und in geeigneter Form weiterbearbeiten.
( 4 ) Die kirchlichen Archive dürfen personenbezogene Daten innerhalb der in § 7 genannten Schutzfristen nur miteinander verknüpfen, wenn die schutzwürdigen Belange Betroffener oder Dritter nicht verletzt werden.
#

§ 5
Benutzung durch die abgebende Stelle

( 1 ) Kirchliche Stellen, bei denen das Archivgut entstanden ist, sowie die zuständige Aufsichtsbehörde haben ein uneingeschränktes Recht auf unentgeltliche Einsichtnahme und Nutzung ihres Archivgutes.
( 2 ) Absatz 1 gilt nicht für personenbezogene Daten, die aufgrund einer Rechtsvorschrift hätten gesperrt oder gelöscht werden müssen3#. In diesen Fällen besteht das Recht auf Benutzung nur nach Maßgabe des § 7 und nur zu den nach diesem Kirchengesetz zulässigen Zwecken.
#

§ 6
Benutzung durch Dritte

( 1 ) Kirchliches Archivgut ist öffentlich zugänglich nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes.
( 2 ) Jede Person, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, hat das Recht, kirchliches Archivgut auf Antrag nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes und der dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen zu benutzen. Besondere Vereinbarungen mit Eigentümern von privatem oder öffentlichem Archivgut und testamentarische Bestimmungen bleiben unberührt.
( 3 ) Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Benutzung zu kirchlichen, amtlichen, wissenschaftlichen, heimatkundlichen oder familiengeschichtlichen Zwecken oder zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange beantragt wird.
( 4 ) Für die Benutzung werden Gebühren erhoben. Näheres regelt die Gebührenordnung.
( 5 ) Benutzer sind verpflichtet, von einem im Druck, maschinenschriftlich oder in anderer Weise vervielfältigten Werk, das unter wesentlicher Verwendung von kirchlichem Archivgut verfasst oder erstellt worden ist, dem kirchlichen Archiv unaufgefordert und unentgeltlich mindestens ein Belegexemplar abzuliefern.
( 6 ) Die Benutzung kann nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes an Bedingungen und Auflagen gebunden werden. Näheres regelt die Benutzungsordnung.
#

§ 7
Schutzfristen

( 1 ) Archivgut darf frühestens 30 Jahre nach der letzten inhaltlichen Ergänzung der Unterlagen benutzt werden4#.
( 2 ) Archivgut, das sich nach seiner Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf natürliche Personen bezieht (personenbezogenes Archivgut), darf frühestens zehn Jahre nach dem Tod der betroffenen Person oder Personen benutzt werden. Ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand feststellbar, endet die Schutzfrist 90 Jahre nach der Geburt. Die Schutzfrist nach Absatz 1 bleibt in jedem der in Satz 1 und 2 genannten Fälle unberührt. Ist auch das Geburtsjahr dem kirchlichen Archiv nicht bekannt, endet die Schutzfrist für personenbezogenes Archivgut 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen.
( 3 ) Für personenbezogenes Archivgut, das aufgrund von Rechtsvorschriften besonderer Geheimhaltung unterliegt, finden die im Bundesarchivgesetz festgelegten Fristen Anwendung.
( 4 ) Vor Ablauf der Schutzfrist nach Absatz 1 kann im Einzelfall auf Antrag die Benutzung genehmigt werden (Ausnahmegenehmigung), soweit § 8 nicht entgegensteht oder die Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken erfolgt.
( 5 ) Die in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Schutzfristen gelten nicht für Unterlagen, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt oder der Öffentlichkeit zugänglich waren.
( 6 ) Die in Absatz 2 festgelegten Schutzfristen gelten nicht für Archivgut, das die Tätigkeit von Personen der Zeitgeschichte dokumentiert, sofern ihre persönlichen Lebensverhältnisse nicht betroffen sind. Gleiches gilt für Amtsträger, soweit sie in Ausübung eines kirchlichen Amtes oder einer kirchlichen Funktion gehandelt haben. Die schutzwürdigen Interessen Dritter sind angemessen zu berücksichtigen.
( 7 ) Vor Ablauf der Schutzfristen nach Absatz 2 kann im Einzelfall auf Antrag die Benutzung genehmigt werden (Ausnahmegenehmigung), wenn
  1. die betroffene Person oder nach ihrem Tod deren Ehegatte, Kinder oder Eltern in die Benutzung eingewilligt haben oder
  2. die Benutzung zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder aus sonstigen im rechtlichen Interesse eines Dritten liegenden Gründen unerlässlich ist oder
  3. die Benutzung für die Durchführung eines wissenschaftlichen Vorhabens erforderlich ist und wenn sichergestellt ist, dass schutzwürdige Belange der betroffenen Person und Dritter nicht beeinträchtigt werden, oder wenn das öffentliche oder kirchliche Interesse an der Durchführung des wissenschaftlichen Vorhabens die schutzwürdigen Belange der betroffenen Person erheblich überwiegt und der Zweck der Forschung auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann. Werden die Forschungsergebnisse veröffentlicht, so sind die personenbezogenen Angaben aus dem Archivgut wegzulassen, sofern der Forschungszweck dies zulässt.
( 8 ) Vor Ablauf von Schutzfristen kann das kirchliche Archiv Auskünfte aus dem Archivgut erteilen, soweit § 8 nicht entgegensteht.
( 9 ) Unterlagen von Beratungsstellen und Beratern, die durch § 203 Absatz 1 Nummer 4 und Nummer 4 a des Strafgesetzbuches geschützt sind, dürfen nur in anonymisierter Form an kirchliche Archive übergeben und dort nur so benutzt werden. Im Übrigen darf Archivgut, das dem Schutz von § 203 Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches unterliegt, solange nur in anonymisierter Form benutzt werden, wie die Schutzfristen laufen. Die Benutzung von Archivgut, das der Geheimhaltungspflicht nach § 203 Absatz 1 oder 3 des Strafgesetzbuchs unterlegen hat, kann eingeschränkt oder versagt werden, soweit dies zur Wahrung schutzwürdiger Belange Betroffener erforderlich ist.
( 10 ) Die Schutzfristen nach Absatz 1 bis 3 können, wenn dies im kirchlichen Interesse geboten ist, um längstens 20 Jahre verlängert werden.
( 11 ) Zuständig für die Ausnahmegenehmigungen nach Absatz 4 und 7 ist der Leiter des kirchlichen Archivs. Gegen dessen Entscheidung ist Beschwerde beim Oberkirchenrat möglich.
( 12 ) Zuständig für die Verlängerung der Fristen nach Absatz 10 ist der Oberkirchenrat. Gegen dessen Entscheidung ist Beschwerde bei der Kirchenleitung möglich.
#

§ 8
Einschränkung und Versagung der Benutzung

( 1 ) Die Benutzung ist einzuschränken oder zu versagen, soweit
  1. Grund zu der Annahme besteht, dass der Landeskirche, der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer ihrer Gliedkirchen oder einem der gliedkirchlichen Zusammenschlüsse wesentliche Nachteile entstehen,
  2. schutzwürdige Belange Dritter entgegenstehen,
  3. Rechtsvorschriften über Geheimhaltung verletzt würden,
  4. der Erhaltungszustand des Archivgutes beeinträchtigt würde oder einer Benutzung entgegensteht,
  5. durch die Benutzung ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand entstehen würde oder
  6. Vereinbarungen entgegenstehen, die mit Eigentümern aus Anlass der Übernahme getroffen wurden.
( 2 ) Zuständig für die Einschränkung oder Versagung der Benutzung, ausgenommen Absatz 1 Nummer 1, ist der Leiter des kirchlichen Archivs. Gegen dessen Entscheidung ist Beschwerde beim Oberkirchenrat möglich. Zuständig für die Einschränkung oder Versagung der Benutzung nach Absatz 1 Nummer 1 ist der Oberkirchenrat. Gegen dessen Entscheidung ist Beschwerde bei der Kirchenleitung möglich.
#

§ 9
Rechtsansprüche betroffener Personen

( 1 ) Betroffenen Personen ist, unabhängig von den Schutzfristen, auf Antrag Auskunft über die im Archivgut zu ihrer Person enthaltenen Daten zu erteilen, soweit das Archivgut durch Namen der Personen erschlossen ist. Anstelle der Auskunft kann das kirchliche Archiv Einsicht in die Unterlagen gewähren, soweit schutzwürdige Belange Dritter angemessen berücksichtigt werden und keine Gründe für eine Einschränkung oder Versagung der Benutzung nach Maßgabe des § 8 entgegenstehen. Die Versagung oder Einschränkung der Einsicht in die Unterlagen ist zu begründen.
( 2 ) Ein durch Rechtsvorschriften geregelter Anspruch auf nachträgliche Berichtigung oder Löschung von Unterlagen ist nach der Übernahme der Unterlagen in das kirchliche Archiv zu gewährleisten. Die Berichtigung hat in der Weise zu erfolgen, dass die betroffene Person amtliche Schriftstücke über den als richtig festgestellten Sachverhalt (Urteile, behördliche Erklärungen u. Ä.) vorlegt und eine schriftliche Erklärung darüber dem Archivgut beigefügt wird. An Stelle der Löschung tritt die Sperrung nach § 7 Absatz 3.
( 3 ) Bei unzulässig erhobenen Daten bleibt der Rechtsanspruch auf Löschung unberührt.
( 4 ) Bestreiten betroffene Personen die Richtigkeit der sie betreffenden personenbezogenen Daten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen, können sie verlangen, dass dem Archivgut ihre Gegendarstellung beigefügt wird. Nach ihrem Tod steht das Gegendarstellungsrecht dem Ehegatten, den Kindern oder Eltern zu.
( 5 ) Die Gegendarstellung bedarf der Schriftform und muss von der betroffenen Person oder einer in Absatz 4 Satz 2 genannten Personen unterzeichnet sein. Sie muss sich auf Tatsachen beschränken und darf keinen strafbaren Inhalt haben.
( 6 ) Für Erklärungen nach Absatz 2 und Gegendarstellungen gilt die Schutzfrist des Archivgutes, auf das sich die Erklärung oder Gegendarstellung bezieht.
( 7 ) Das Erklärungs- und Gegendarstellungsrecht nach den Absätzen 2 und 4 gilt nicht für amtliche Niederschriften und Berichte über Sitzungen der gesetzgebenden oder beschließenden Organe sowie für Niederschriften und Urteile der Gerichte.
#

§ 10
Verschwiegenheitspflichten

Die Mitarbeiter der Archive sind, soweit sie nicht aufgrund anderer kirchlicher Bestimmungen zur Verschwiegenheit verpflichtet wurden, bei Aufnahme ihrer Tätigkeit auf die Einhaltung des Datenschutzes zu verpflichten.
#

Zweiter Abschnitt
Archiv der Landeskirche

###

§ 11
Aufgaben und Befugnisse des Landeskirchlichen Archivs

( 1 ) Das Landeskirchliche Archiv ist für die Sicherung und Verwaltung des Archivgutes der Landeskirche und ihrer unselbstständigen Werke und Einrichtungen zuständig.
( 2 ) Das Landeskirchliche Archiv berät die kirchlichen Stellen bei der Sicherung und Verwaltung ihrer Unterlagen im Hinblick auf eine spätere Archivierung.
( 3 ) Das Landeskirchliche Archiv nimmt Aufgaben im Rahmen der archivarischen Aus- und Fortbildung wahr.
( 4 ) Das Landeskirchliche Archiv wirkt an der Auswertung des von ihm verwahrten Archivgutes sowie an der Erforschung und Vermittlung insbesondere der Kirchengeschichte mit und leistet dazu eigene Beiträge.
( 5 ) Das Landeskirchliche Archiv übt die Fachaufsicht über das kirchliche Archivwesen in der Landeskirche aus. Im Rahmen der Fachaufsicht sind der Leiter oder von ihm beauftragte Mitarbeiter berechtigt, die weiteren kirchlichen Archive zu überprüfen.
( 6 ) Das Landeskirchliche Archiv nimmt die Aufgaben der landeskirchlichen Archivpflege wahr.
#

§ 12
Anbietung, Bewertung und Übernahme

( 1 ) Die landeskirchlichen Dienststellen, unselbstständigen Werke und Einrichtungen (anbietungspflichtige Stellen) haben dem Landeskirchlichen Archiv alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, unverzüglich und unverändert anzubieten und, soweit sie archivwürdig sind, zu übergeben. Unterlagen sind spätestens 30 Jahre nach ihrer letzten inhaltlichen Ergänzung anzubieten, soweit nicht Rechtsvorschriften andere Fristen festlegen.
( 2 ) Absatz 1 gilt auch für Unterlagen mit personenbezogenen Daten. Ausgenommen sind Daten, deren Speicherung nicht zulässig war, und eigene Aufzeichnungen, die Pastoren und andere Mitarbeiter in Wahrnehmung ihres Seelsorgeauftrages gemacht haben. Unterlagen von Beratungsstellen und Beratern, die durch § 203 Absatz 1 Nummer 4 und Nummer 4a des Strafgesetzbuches geschützt sind, dürfen nur in anonymisierter Form an kirchliche Archive übergeben und von diesen übernommen werden.
( 3 ) Für maschinenlesbare Datenbestände sind Art und Umfang sowie die Form der Übermittlung der anzubietenden Daten festzulegen und bereits bei der Speicherung zwischen der anbietenden Stelle und dem Landeskirchlichen Archiv abzusprechen.
( 4 ) Die anbietungspflichtigen Stellen haben dem Landeskirchlichen Archiv auch Exemplare aller von ihnen herausgegebenen oder ihrem Auftrag erscheinenden Veröffentlichungen zur Übernahme anzubieten.
( 5 ) Dem Landekirchlichen Archiv ist von der anbietungspflichtigen Stelle Einsicht in die Findmittel, auch in die maschinenlesbaren, und in die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen Unterlagen zu gewähren.
( 6 ) Das Landeskirchliche Archiv entscheidet über die Archivwürdigkeit der angebotenen Unterlagen (Bewertung) und über deren Übernahme in das Archiv der Landeskirche oder ein anderes kirchliches Archiv. Vor dieser Entscheidung dürfen Unterlagen von der anbietungspflichtigen Stelle ohne Zustimmung des Landeskirchlichen Archivs nicht vernichtet werden. Näheres regelt die Aufbewahrungs- und Kassationsordnung.
( 7 ) Das Landeskirchliche Archiv hat übernommene Unterlagen, die nicht archivwürdig sind, zu vernichten.
( 8 ) Das Landeskirchliche Archiv kann auch Unterlagen zur vorläufigen Aufbewahrung übernehmen, deren Aufbewahrungsfrist noch nicht abgelaufen ist oder die noch nicht archivisch bewertet worden sind (Zwischenarchivgut).
#

Dritter Abschnitt
Archive der Kirchgemeinden und Kirchenkreise

###

§ 13
Aufgaben der Archive der Kirchgemeinden und Kirchenkreise

( 1 ) Kirchgemeinden und Kirchenkreise treffen im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit in Absprache mit dem Landeskirchlichen Archiv die notwendigen Maßnahmen zur Archivierung des Archivgutes, das bei ihren Organen, Werken und Einrichtungen entstanden ist. Sie können gemeinsame Archive mit anderen Rechtsträgern errichten. Sofern sie kein eigenes Archiv unterhalten, bieten sie ihre Unterlagen dem Landeskirchlichen Archiv zur Archivierung als Depositum an. Sie sind berechtigt, vom Landeskirchlichen Archiv die Rückgabe ihres Archivgutes zu verlangen, sobald sie ein eigenes Archiv errichtet haben. Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten sind vom Landeskirchlichen Archiv oder im Einvernehmen mit ihm vorzunehmen.
( 2 ) Die Kirchgemeinden und Kirchenkreise und ihre Dienststellen, Werke und Einrichtungen haben ihrem Archiv alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, unverzüglich und unverändert anzubieten und, soweit sie archivwürdig sind, zu übergeben.
( 3 ) Absatz 1 gilt auch für alle Unterlagen mit personenbezogenen Daten. Ausgenommen sind Daten, deren Speicherung nicht zulässig war, und eigene Aufzeichnungen, die Pastoren und andere Mitarbeiter in Wahrnehmung ihres Seelsorgeauftrages gemacht haben. Unterlagen von Beratungsstellen und von Beratern, die durch § 203 Absatz 1 Nummer 4 und Nummer 4a des Strafgesetzbuches geschützt sind, dürfen nur in anonymisierter Form an kirchliche Archive übergeben und von diesen übernommen werden.
( 4 ) Das Landeskirchliche Archiv entscheidet über die Archivwürdigkeit der Unterlagen (Bewertung) und über deren Übernahme in das zuständige kirchliche Archiv. Vor dieser Entscheidung dürfen Unterlagen von der anbietungspflichtigen Stelle ohne Zustimmung des Landeskirchlichen Archivs nicht vernichtet werden. Näheres regelt die Aufbewahrungs- und Kassationsordnung.
( 5 ) Die Veränderung und Verlegung von kirchlichem Archivgut bedürfen der Genehmigung des Oberkirchenrates nach den allgemeinen Vorschriften; das Landeskirchliche Archiv ist dazu zu hören.
( 6 ) Bei Gefahr im Verzug für das Archivgut kann der Oberkirchenrat die zur Sicherung und Bergung des Archivgutes notwendigen Maßnahmen treffen; das Landeskirchliche Archiv gilt hierzu als beauftragt. Im Übrigen bleiben die Pflichten der kirchlichen Aufsichtsbehörde unberührt.
#

Vierter Abschnitt
Schlussvorschriften

###

§ 14
Regelungsbefugnisse

Die Kirchenleitung kann Näheres durch Ausführungsbestimmungen regeln, insbesondere
  1. die Benutzung kirchlichen Archivgutes (Benutzungsordnung),
  2. die Erhebung von Gebühren und die Kostenerstattung bei der Benutzung kirchlicher Archive (Gebührenordnung),
  3. die Aufbewahrung, Aussonderung und Vernichtung (Kassation) von kirchlichem Schriftgut (Aufbewahrungs- und Kassationsordnung).
#

§ 15
Sprachregelung

Personen- und Funktionsbezeichnungen gelten jeweils in der weiblichen und männlichen Form.
#

§ 16
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt am 1. April 1998 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig treten die Verordnung betreffend Archivalienschutz vom 24. September 1936 (KABl S. 97) und die Bekanntmachung des Oberkirchenrates über die Einrichtung eines Landeskirchenarchivamtes vom 16. November 1936 (KABl S. 101) außer Kraft.

#
1 ↑ Red. Anm.: Das Kirchengesetz trat gemäß § 15 Absatz 2 Nummer 2 des Archivgesetzes vom 29. November 2017 (KABl. 2018 S. 3) mit Ablauf des 2. Januar 2018 außer Kraft. Es galt zuvor auf dem Gebiet der ehemaligen Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs weiter, soweit es der Verfassung, dem Einführungsgesetz und den weiteren von der Verfassunggebenden Synode beschlossenen Kirchengesetzen nicht widersprach und im Einführungsgesetz keine abweichende Regelung getroffen wurde, vgl. Teil 1 § 2 Absatz 2 des Einführungsgesetzes vom 7. Januar 2012 (KABl. S. 30, 127, 234) in der jeweils geltenden Fassung. Das Kirchengesetz galt nicht für das landeskirchliche Archivgut der Nordkirche, vgl. Teil 1 § 40 Absatz 2 des Einführungsgesetzes.
#
2 ↑ Red. Anm.: Das Kirchengesetz wurde ohne Eingangsformel verkündet.
#
3 ↑ Vgl. § 2 Abs. 5, § 3, § 4, § 5, und § 16 Kirchengesetz über den Datenschutz (Rechtssammlung Teil 1 K.48) und § 15 Datenschutzausführungsverordnung (Rechtssammlung Teil 1 K.482).
[Red. Anm.: Der amtliche Fußnotenverweis bezieht sich nicht auf diese Rechtssammlung, sondern auf die frühere Rechtssammlung der ehemaligen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs.]
#
4 ↑ Vgl. § 5 Absatz 1 dieses Kirchengesetzes.