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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:08.05.2008
Aktenzeichen:1 KG 48/2007
Rechtsgrundlage:MVG-EKD:
§ 38 Abs. 4
§ 42 lit. c
§ 60 Abs. 5
KAT (neu):
§ 14 Absätze 1 und 2
EntgeltO zum KAT (neu):
Abteilung 1, Entgeltgruppen 1 und 2
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:


Eingruppierung einer hauswirtschaftlichen Hilfskraft (Hauswirtschaftshilfe)
Maßgebliche Eingruppierungsmerkmale für die Entgeltgruppen K 1 und K 2 der Abteilung 1 der Entgeltordnung zum KAT (neu)
Maßgeblich für die Eingruppierung einer hauswirtschaftlichen Hilfskraft (Hauswirtschaftshilfe) sind die konkret übertragenen Tätigkeiten (§ 14 Abs. 2 Unterabs. 1 KAT). Nach allgemeiner Kenntnis und Berufserfahrung des Kirchengerichts gibt es keine typischen / standardisierten Tätigkeiten von Hauswirtschaftshilfen; die ihnen übertragenen Tätigkeiten sind vielmehr vielfältig und unterschiedlich. Es bedarf daher in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung der von der Hauswirtschaftshilfe konkret wahrzunehmenden Aufgaben.

Tenor:

Es wird gem. § 60 Absatz 5 Satz 1 MVG-EKD festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K kein Grund besteht, ihre Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters M als Hauswirtschaftshilfe in die Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 der EntgeltO zum KAT gem. § 41 Absatz 1 MVG-EKD zu verweigern.

Gründe:


I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung berechtigt ist, die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Hauswirtschaftshilfe M in die Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 der EntgeltO zum KAT (§ 42 Buchstabe c MVG-EKD) zu verweigern.
Der Mitarbeiter M, der früher in der Gemeinde G seinen Zivildienst geleistet hatte, ist mit vier Wochenstunden als Hauswirtschaftshilfe in dem von der Kirchengemeinde G angebotenen Mittagstisch (sog. Nachbarschaftstreffmittagstisch) beschäftigt. Dieser Mittagstisch wird vorbereitet und betreut von zwei Sozialpädagoginnen. Herr M ist dabei mit den folgenden Tätigkeiten betraut: Tischdecken, Temperieren der angelieferten Speisen in einem Wärmebehälter, Kaffeekochen, Ausgabe der Speisen, Abräumen der Tische und Waschen des benutzten Geschirrs in einem handelsüblichen Geschirrspüler, wie er auch in privaten Haushalten benutzt wird.
Zum 1.4.2007 fand im Bereich der Nordelbischen Kirche ein Tarifwechsel statt. Seither findet der Kirchliche Arbeitnehmerinnen Tarifvertrag (KAT) Anwendung (§ 32 Abs. 1 KAT).
Der Kirchenkreis K beantragte in Vertretung für die Kirchengemeinde G bei der Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters M in die Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 der EntgeltO zum KAT. Am 16.11.2007 wurde die Angelegenheit zwischen den Beteiligten erörtert.
Die Mitarbeitervertretung beschloss auf ihrer Sitzung am 21.11.2007, den Eingruppierungsantrag abzulehnen: Die dem Mitarbeiter M übertragenen Tätigkeiten erforderten eine Einarbeitung im Sinne der Entgeltgruppe K 2 der Abteilung 1 zur EntgeltO zum KAT. Das Ablehnungsschreiben der Mitarbeitervertretung ging am 30.11.2007 beim Kirchenkreis K, Personalabteilung, ein.
Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem Antrag, der am 30.11.2007 als Fax beim Kirchengericht eingegangen ist, ihre Auffassung weiter, der Mitarbeiter M sei zutreffend in die Entgeltgruppe K 1 Abteilung 1 EntgeltO zum KAT eingruppiert, so dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund habe, ihre Zustimmung zu dieser Eingruppierung zu verweigern. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf das Rundschreiben 06/2007 vom 4.4.2007 des VKDA-NEK im Wesentlichen ausgeführt: Die dem Mitarbeiter M als Hauswirtschaftshilfe (Küchenhilfe) übertragenen Aufgaben erforderten lediglich eine Einweisung im Sinne der Entgeltgruppe K 1 und nicht etwa eine Einarbeitung. Allgemein sei lediglich eine Einweisung erforderlich bei Tätigkeiten, die normalerweise jeder Erwachsene erbringen könne. So liege es bei den Herrn M übertragenen Tätigkeiten.
Die Antragstellerin beantragt,
dass das Kirchengericht gem. § 60 Abs. 5 Satz 1 MVG-EKD feststellt, dass für die Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters M als Hauswirtschaftshilfe in die Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 der EntgeltO zum KAT besteht.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, dass die dem Mitarbeiter M übertragenen Tätigkeiten einer Einarbeitung bedürften, so dass die Eingruppierung nach Entgeltgruppe K 2 der Abteilung 1 zu erfolgen habe.
Pastorin Pin von der Kirchengemeinde G hat in der mündlichen Verhandlung nähere Angaben zum von der Kirchengemeinde G angebotenen Mittagstisch und zu den konkreten Tätigkeiten des Mitarbeiters M gemacht.

II.

Der Antrag der Kirchengemeinde G ist zulässig und begründet.
Das Kirchengericht ist aufgrund des gesamten schriftlichen und mündlichen Vorbringens der Beteiligten davon überzeugt, dass der Mitarbeiter M wegen der ihm übertragenen Tätigkeiten als Hauswirtschaftshilfe in die Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 der EntgeltO zum KAT eingruppiert ist. Die Mitarbeitervertretung ist daher nicht nach § 41 Abs. 1 MVG-EKD berechtigt, dieser Eingruppierung zu widersprechen.
1. Die Eingruppierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Antragstellerin richtet sich seit dem 1.4.2007 nach dem KAT vom 1.12.2006 (GVOBl. 2007, S. 119 ff.). Nach § 14 Abs. 1 KAT richtet sich die Eingruppierung der Arbeitnehmerin nach den Tätigkeitsmerkmalen der EntgeltO (Anlage 1). Die Arbeitnehmerin erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die sie eingruppiert ist. Nach Abs. 2 Unterabs. 1 dieser Vorschrift ist die Arbeitnehmerin in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Unterabs. 2 lautet: "Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderung eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrere Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob die Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. "
Diese tarifrechtlichen Bestimmungen sind dahin zu verstehen, dass dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen ein entsprechender Entgeltanspruch (Vergütungsanspruch) zusteht und der Entscheidung des Dienstgebers (Anstellungsträgers) nur deklaratorische Bedeutung zukommt (so ausdrücklich KGH-EKD, Beschl. v. 29.5.2006 – II-0124/M4-06 – Beschlussausfertigung S. 6 <unter Gründe II 1 a>).
2. Einschlägig für die Eingruppierung des Mitarbeiters M ist die Abteilung 1 „Allgemein“ der EntgeltO, wie sich aus der Vorbemerkung 1 zur Entgeltordnung ergibt. Maßgeblich für die Entscheidung, ob der Mitarbeiter M in Entgeltgruppe K 1 - wie die Antragstellerin meint - oder in Entgeltgruppe K 2 - so die Auffassung der Mitarbeitervertretung - einzugruppieren ist, sind die Bestimmungen dieser beiden Entgeltgruppen. Sie lauten wie folgt:
Entgeltgruppe K 1
Arbeitnehmerin mit einfachen Tätigkeiten, für die eine Einweisung erforderlich ist.
(Eine Ausbildung ist nicht erforderlich. Es besteht ein klar abgegrenzter Aufgabenbereich.)
Beispiele:
• Hilfskraft im Hauswirtschaftsbereich
• Hilfskraft im Außenbereich
• Raumpflegerin, soweit nicht höher eingruppiert
• Botin
Entgeltgruppe K 2
Arbeitnehmerin mit einfachen Tätigkeiten, für die eine Einarbeitung erforderlich ist.
(Eine Ausbildung ist nicht erforderlich. Es bedarf einer Einarbeitung. Es ist ein gewisses Maß an Geschicklichkeit und Überlegung bei der Aufgabenausführung erforderlich.)
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Eingruppierung von Hilfskräften im Hauswirtschaftsbereich davon abhängt, ob für die ihnen übertragenen Tätigkeiten lediglich eine Einweisung erforderlich ist - dann Entgeltgruppe K 1 - oder ob hierfür eine Einarbeitung notwendig ist - dann Entgeltgruppe K 2. Eine Definition der unbestimmten Rechtsbegriffe „Einweisung“ und „Einarbeitung“ enthalten die Entgeltgruppen K 1 und K 2 nicht.
Aus dem Zusammenhang beider Entgeltgruppen folgt, dass die Einarbeitung ein deutliches Mehr an Unterweisung der Arbeitnehmerin gegenüber der Einweisung erfordert, sie im Allgemeinen geraumer Zeit bedarf und mit einem gewissen Lernfaktor verbunden ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich auch bei den von der Entgeltgruppe K 2 erfassten Tätigkeiten um einfache Tätigkeiten handelt. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Klammerzusatz in der Entgeltgruppe K 2, dass für die von dieser Entgeltgruppe erfassten Tätigkeiten „ein gewisses Maß an Geschicklichkeit und Überlegung bei der Aufgabenausführung erforderlich ist.“ Auch die Auslegung dieses Merkmals muss sich daran orientieren, dass es sich um einfache Tätigkeiten handelt, für die keine Ausbildung erforderlich ist.
Nach Auffassung des Kirchengerichts wird aus dem Vorstehenden deutlich, dass maßgeblich für die Eingruppierung einer hauswirtschaftlichen Hilfskraft die konkret übertragenen Tätigkeiten sind (§ 14 Abs. 2 Unterabs. 1 KAT). Nach allgemeiner Kenntnis und Berufserfahrung der Mitglieder des Kirchengerichts gibt es keine typische / standardisierte Tätigkeit von Hauswirtschaftshilfen; die ihnen übertragenen Tätigkeiten sind vielmehr vielfältig und unterschiedlich. Es bedarf daher in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung der von der Hauswirtschaftshilfe konkret wahrzunehmenden Aufgaben.
Eine Auslegung der Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 dahin, dass die einer Hauswirtschaftshilfe übertragenen Tätigkeiten im Regelfall lediglich eine Einweisung erforderten, findet keine Grundlage in den in Rede stehenden Entgeltmerkmalen. Sie geht im Übrigen von einem in Wirklichkeit nicht bestehenden „Standardsachverhalt“ aus, wie bereits vom Kirchengericht hervorgehoben wurde.
3. In Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ist festzustellen, dass es sich bei den dem Mitarbeiter M übertragenen Tätigkeiten im hauswirtschaftlichen Bereich um einfache Tätigkeiten handelt, die lediglich eine Einweisung erfordern. Herr M ist daher in die Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 der EntgeltO einzugruppieren (dazu a). Entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung erfüllen diese Tätigkeiten nicht die für die Entgeltgruppe K 2 der Abteilung 1 geltenden Anforderungen (dazu b).
a) Das Kirchengericht ist aufgrund des gesamten Vorbringens der Antragstellerin und den von der Gemeindepastorin Pin in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben, an deren Richtigkeit zu zweifeln für das Kirchengericht kein Anlass besteht und denen die Mitarbeitervertretung auch nicht substantiiert entgegengetreten ist, davon überzeugt, dass die dem Mitarbeiter M übertragenen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem gemeindlichen Mittagstisch aufgrund einer Einweisung im oben näher erläuterten Sinne (siehe oben 2. <S. 5>) wahrgenommen werden können.
Das Decken der Tische für den von der Kirchengemeinde G angebotenen Nachbarschaftstreffmittagstisch, das Temperieren der angelieferten Speisen und das Austeilen der Speisen, das Kaffeekochen sowie das Abräumen des Geschirrs und der Bestecke und das Abwaschen dieser Gegenstände in einem handelsüblichen Geschirrspüler, wie er in privaten Haushalten üblich ist, kann nach der Überzeugung des Kirchengerichts im Allgemeinen von jedem Erwachsenen lediglich aufgrund einer Einweisung im oben erläuterten Sinne (siehe oben 2. <S. 5>) wahrgenommen werden. Es bedarf hierfür weder eines gewissen Maßes an Geschicklichkeit noch Überlegung bei der Aufgabenausführung.
Darüber hinaus ist Herr M mit keinen weiteren Aufgaben betraut, insbesondere nicht mit der Betreuung der Teilnehmer des Mittagstisches. Eine derartige Betreuung und Begleitung obliegt vielmehr den beiden Sozialpädagoginnen, die am Mittagstisch teilnehmen. Dies steht aufgrund der glaubhaften Angaben der Gemeindepastorin Pin in der mündlichen Verhandlung, denen die Vertreterinnen der Mitarbeitervertretung im Übrigen nicht entgegengetreten sind, zur Überzeugung des Kirchengerichts fest.
b) Die hiervon abweichende Auffassung der Mitarbeitervertretung legt einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde, wie die mündliche Verhandlung zur Überzeugung des Kirchengerichts ergeben hat (siehe hierzu die Ausführungen unter a).
Soweit die Mitarbeitervertretung eine Eingruppierung des Mitarbeiters M in die Entgeltgruppe K 2 der Abteilung 1 auf den Gesichtspunkt der Gleichbehandlung stützt, vermag das Kirchengericht dem nicht zu folgen. Denn maßgeblich für die (zutreffende) Eingruppierung entsprechend der hier anzuwendenden EntgeltO zum KAT sind allein die dem Mitarbeiter M übertragenen Tätigkeiten, die - wie oben festgestellt (unter a) - der Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 entsprechen. Es ist deshalb ohne rechtliche Bedeutung, ob andere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Kirchenkreis K, die als Hilfskraft im Hauswirtschaftsbereich (Küchenhilfe) eingesetzt sind, aufgrund der ihnen übertragenen Tätigkeiten in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Kriterien der EntgeltO zum KAT in die Entgeltgruppe K 2 der Abteilung 1 eingruppiert worden sind. Im Übrigen gehört es nicht zu den Aufgaben des Kirchengerichts, im Zusammenhang mit dem vorliegenden Eingruppierungsfall die Richtigkeit der Eingruppierung anderer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu überprüfen. Selbst wenn es so sein sollte, dass einzelne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei einer Aufgabenübertragung, die mit jener des Mitarbeiters M identisch ist, tariflich unzutreffend in die Entgeltgruppe K 2 eingruppiert worden sind, ließe sich hieraus tarifrechtlich kein Anspruch auf Eingruppierung des Mitarbeiters M in die Entgeltgruppe K 2 ableiten. Denn es gibt keinen Rechtsanspruch auf rechtswidrige / tarifwidrige Gleichbehandlung.

III.

Der kirchengerichtliche Beschluss ist für die Beteiligten des Verfahrens gem. § 60 Abs. 8 Satz 1 MVG-EKD verbindlich.
gez. Kalitzky
(Vorsitzender Richter)