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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:25.03.2022
Aktenzeichen:NK-MG 5 18/2021 DWHH
Rechtsgrundlage:Entgeltgruppe 13 Nr. 1 TV--VKKH
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:

Ein Master-Abschluss ist ein wissenschaftlicher Hochschulabschluss im tarifrechtlichen Sinne.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass die Weigerung der Antragsgegnerin, die von der Mitarbeitervertretung beantragte Höhergruppierung des Mitarbeiters Herrn P in die Entgeltgruppe 13 TV-VKKH umzusetzen, rechtswidrig ist.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über eine Höhergruppierung.
Die Antragstellerin ist die bei der Antragsgegnerin (= Dienststelle) gebildete Mitarbeitervertretung (= MAV). Herr P (= Mitarbeiter) ist seit 01.01.2018 als Psychologe BA in der Abteilung Neuropsychologie bei der Antragsgegnerin tätig, aktuell in der Entgeltgruppe 9 b, Stufe 3 TV-VKKH eingruppiert. Bei Einstellung verfügte der Mitarbeiter über einen Abschluss Bachelor B.Sc. in Psychologie.
Am 21.12.2020 erhielt der Mitarbeiter einen Abschluss Master M.Sc. in Arbeits- und Organisationspsychologie. Der Mitarbeiter beantragte die Höhergruppierung. Die Dienststelle wies dies zurück mit Schreiben vom 17.03.2021 und 26.04.2021.
Mit Schreiben vom 07.06.2021 beantragte die MAV bei der Dienststelle die Hergabe einer Stellenbeschreibung für den Mitarbeiter.
Eingereicht sind eine Stellenbeschreibung vom 26.10.2017 und eine vom 04.06.2021, genehmigt durch den Vorgesetzten des Mitarbeiters Dipl.-Psych. G.
Mit Schreiben vom 09.07.2021 beantragte die MAV als Initiativantrag die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-VKKH.
Die MAV ist der Ansicht und behauptet im Wesentlichen, der Mitarbeiter übe in seiner Tätigkeit als Psychologe eine Tätigkeit aus, die seiner abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulbildung entspreche. Dies ergebe sich bereits aus der Stellenbeschreibung. Nach Erlangen der Masterqualifikation müsse dieser Mitarbeiter höhergruppiert werden.
Historisch habe im Rahmen der Einstellung des Mitarbeiters eine Beteiligung der MAV in Hinblick auf die Eingruppierung nicht stattgefunden. Die MAV sei lediglich seitens der Dienststelle benachrichtigt worden.
Im Übrigen hätten sich jedoch auch die der Eingruppierung zugrundeliegenden Tatsachen geändert. Der Mitarbeiter habe nunmehr einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss. Auch werde er anders beschäftigt. So übe er seine Tätigkeiten mittlerweile ohne Supervision aus. Er arbeite mittlerweile selbstständig.
Auch rechne die Dienststelle die Tätigkeiten des Mitarbeiters nach OPS-8-550 ab.
Schließlich werde der Mitarbeiter in Krankheitsfällen auch in anderen Konzernunternehmen als Neuropsychologe eingesetzt und ersetzte z. B. die Diplom-Psychologin.
Die Dienststelle habe auf den Initiativantrag nicht reagiert.
Zumindest könne die MAV verlangen, dass die Dienststelle eine schriftliche Begründung der Ablehnung abgebe.
Die Mitarbeitervertretung beantragt
festzustellen, dass die Weigerung der Antragsgegnerin, die von der Mitarbeitervertretung beantragte Höhergruppierung des Mitarbeiters Herrn P in die Entgeltgruppe 13 TV-VKKH umzusetzen, rechtswidrig ist.
Rein hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine schriftliche Begründung ihrer Ablehnung nachzuholen.
Die Dienststelle beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Dienststelle ist der Ansicht und behauptet im Wesentlichen, der Antrag der MAV sei bereits als unzulässig zurückzuweisen, da das Initiativrecht mindestens eine Ablehnung des Antrags voraussetze. Weder eine Erörterung noch eine Schlichtung hätten stattgefunden.
Die Umstände und Tatsachen hätten sich auch nicht geändert, da der Abschluss des Mitarbeiters für die geschuldete Tätigkeit nicht erforderlich sei. Dem betroffenen Mitarbeiter seien auch keine neuen Tätigkeiten übertragen worden. Die Supervision habe sich zudem nicht auf die reguläre Tätigkeit bezogen, sondern auf die Kontrolle von Vertretungstätigkeiten der Diplom-Psychologen oder Master-Psychologen.
Der Aspekt der Lohngerechtigkeit sei aus Sicht der Dienststelle nicht betroffen und könne auch nicht als Argument herangezogen werden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie die gerichtlichen Beschlüsse und Protokolle Bezug genommen.

II.

1.
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere war die MAV initiativberechtigt nach § 47 MVG-EKD. Nach § 42 c MVG-EKD hat die MAV ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen. Dies schließt Um- und Höhergruppierungen mit ein. Es haben sich durch den zwischenzeitlichen Masterabschluss des Mitarbeiters auch die tarifrechtlichen Folgen der Eingruppierung geändert, weshalb die Mitarbeitervertretung erneut initiativberechtigt ist. Im Übrigen wäre dies eine Frage der Begründetheit eines Antrages und nicht der Zulässigkeit. Die Dienststelle hat nicht innerhalb der Frist Stellung genommen, so dass die MAV nach § 47 Abs. 2 S. 2 MVG-EKD das Kirchengericht anrufen konnte.
2.
Der Antrag ist auch begründet.
Die Weigerung der Dienststelle, die Höhergruppierung vorzunehmen war rechtswidrig. Der Mitarbeiter erfüllt die Voraussetzungen der höheren Tarifgruppe.
Auf das Anstellungsverhältnis des Mitarbeiters zur Dienststelle finden die tarifvertraglichen Regelungen des KTD und der VKKH Anwendung. Die Beteiligten haben zwar weder den Arbeitsvertrag vorgelegt, noch zu diesem Punkt vorgetragen; die Anwendbarkeit des VKKH ist jedoch unstreitig.
Entgeltgruppe 9 b Nr. 1 TV-VKKH lautet:
Beschäftigte mit abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
Entgeltgruppe 13 Nr. 1 TV-VKKH lautet:
Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
Der Mitarbeiter besitzt mit dem Master-Abschluss einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss im tarifrechtlichen Sinne.
Den Masterabschluss hat der betroffene Mitarbeiter in Arbeits- und Organisationspsychologie erworben, welches ein Studiengang aus dem Bereich der Psychologie ist. Der Mitarbeiter wird in der Abteilung Neuropsychologie als Neuropsychologe beschäftigt. Aus Sicht der Kammer reicht dies entgegen der Rechtsauffassung der Dienststelle bereits aus.
Die Dienststelle hat zu der Beschäftigung des Mitarbeiters nicht ausreichend vorgetragen, wann dem Mitarbeiter welche Tätigkeiten übertragen worden sind. Die Dienststelle hat insbesondere nicht ausreichend zu der seitens der MAV eingereichten Stellenbeschreibung vom 04.06.2021 vorgetragen.
Der Vortrag der MAV ist daher überwiegend unstreitig geblieben, wonach für die Kammer der Mitarbeiter im Rahmen eines Arbeitsvorgangs mit neuropsychologischen Tätigkeiten beschäftigt wird.
Dabei vertritt der Mitarbeiter in vollem Umfang Diplom und Master-Psychologen, die seitens der Dienststelle auch nach EG 13 eingruppiert worden sind. Unterschiede im Rahmen der Tätigkeit bestehen nicht.
Im Übrigen würde auch die 2. Alternative der Tarifvorschrift erfüllt, da der Mitarbeiter im Rahmen seines Universitätsabschlusses den übrigen Psychologen entsprechende Tätigkeiten erbringt und über seinen Abschluss in Arbeits- und Organisationspsychologie über gleichwertige Fähigkeiten verfügt. Es handelt sich um ein abgeschlossenes Psychologiestudium, welches in Teilen gleiche, in Teilen andere Aspekte der Psychologie behandelt, und welches den Betroffenen befähigt in den Arbeitsbereichen der Dienststelle wie die übrigen Psychologen eingesetzt zu werden.
Im Übrigen hat die Dienststelle unstreitig gestellt, dass der Mitarbeiter nach Abschluss des Studiengangs die neuropsychologischen Tätigkeiten der Diplom- und Master-Psychologen ohne Supervision und damit erstmals völlig eigenständig durchführt. Rechtsrelevante Unterschiede zwischen dem Mitarbeiter und den übrigen nach EG 13 eingruppierten Diplom- und Master-Psychologen sind für die Kammer daher nicht mehr zu erkennen und seitens der Dienststelle auch nicht vorgetragen.
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Tiemens