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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:28.11.2022
Aktenzeichen:NK-MG 3 9/2022
Rechtsgrundlage:§ 41 Abs. 2 MVG-EKD
Vorinstanzen:
Schlagworte:
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Leitsatz:

1. Sofern die erste Anhörung an einem Formmangel leidet oder nicht vollständig ist, ist die Dienstgeberseite nicht daran gehindert, ein weiteres Zustimmungsverfahren einzuleiten.
2. Ein Nachschieben von Gründen im kirchengerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren ist nicht zulässig.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG-EKD vorliegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob die Mitarbeitervertretung zur Verweigerung ihrer Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung einer Arbeitnehmerin berechtigt ist.
Die XX geborene Frau H ist seit November 2016 als Gemeindepädagogin bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Da nur fünf Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar.
Nach am 07.08.2022 erfolgter Beschlussfassung des Kirchengemeinderates zur Kündigung der Mitarbeiterin H hat die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 08.08.2022 die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu der beabsichtigten Kündigung beantragt.
Zur Begründung der Kündigung hat die Arbeitgeberin auf ein seit längerer Zeit zerrüttetes Vertrauensverhältnis zwischen der Mitarbeiterin und dem Kirchengemeinderat abgestellt.
Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens und des Antrags auf Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung wird auf das Schreiben der Arbeitgeberin nebst beigefügter Anlage an die Mitarbeitervertretung verwiesen.
Mit Schreiben vom 19.08.2022 hat die Mitarbeitervertretung ohne nähere Begründung mitgeteilt, der beabsichtigten Kündigung nicht zuzustimmen.
Mit Schreiben vom 31.08.2022 hat die Arbeitgeberin die Mitarbeitervertretung ausführlicher und unter Angabe der Sozialdaten erneut zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Mitarbeiterin H angehört und die Zustimmung beantragt.
Mit Schreiben vom 09.09.2022 hat die Mitarbeitervertretung wiederum die Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung verweigert und darauf abgestellt, dass für die beabsichtigte Kündigung ein neuer Beschluss des Kirchengemeinderates erforderlich sei.
Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass die Mitarbeitervertretung die beantragte Zustimmung zu Unrecht verweigert habe und sie daher durch das Kirchengericht zu ersetzen sei.
Die Arbeitgeberin beantragt
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG-EKD vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung ist der Auffassung, dass ihre Zustimmungsverweigerung ausreichend begründet sei. Die Arbeitgeberin habe die Mitarbeitervertretung nicht ausreichend informiert. Sie habe die Sozialdaten nicht mitgeteilt. Die Einleitung des neuen Zustimmungsverfahrens habe eines erneuten Kirchengemeinderatsbeschlusses bedurft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Weiter wird Bezug genommen auf das Protokoll des Einigungsgespräches vom 08.11.2022.

II.

Der im Kammertermin gestellte Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig und begründet.
Nach § 60 Abs. 5 MVG-EKG ist festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Frau H vorliegt.
1.
Es handelt sich im Sinne von § 60 Abs. 5 MVG-EKG um einen Fall, der der eingeschränkten Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung unterliegt, wie sich aus § 42 b MVG-EKG ergibt. Danach hat die Mitarbeitervertretung bei einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht.
2.
Die Mitarbeitervertretung durfte die beantragte Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung nicht verweigern.
Bei einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit darf die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung nur verweigern, wenn die Kündigung gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige Entscheidung verstößt (§ 41 Abs. 2 MVG-EKG). Dieses ist vorliegend nicht der Fall. Ein entsprechender Fall ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
a)
Insbesondere ist die Arbeitgeberin entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung nicht daran gehindert, ein weiteres Zustimmungsverfahren bezüglich der beabsichtigten Kündigung der Mitarbeiterin H bei der Mitarbeitervertretung einzuleiten.
Der Kirchgemeinderatsbeschluss ist nicht mit dem ersten Antrag auf Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung verbraucht. Der Kirchgemeinderat hat beschlossen, dass das Arbeitsverhältnis mit Frau H beendet werden soll. Sofern die erste Anhörung an einem Formmangel leidet oder nicht vollständig ist, ist die Dienstgeberseite nicht daran gehindert, ein weiteres Zustimmungsverfahren einzuleiten (so auch Fey/Rehren, MVG.EKD § 38 Rn. 38).
b)
Die weiteren von der Mitarbeitervertretung angeführten Gründe begründen ebenfalls kein Zustimmungsverweigerungsrecht.
Dieses folgt schon aus dem Umstand, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung ausschließlich mit der Begründung verweigert hat, dass die weitere Anhörung der Mitarbeitervertretung nicht durch den Kirchgemeinderatsbeschluss gedeckt sei. Ein Nachschieben von Gründen im kirchengerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren ist jedoch nicht zulässig.
Außerdem ist die konkret gerügte unterbliebene Mitteilung der Sozialdaten der Mitarbeiterin ausweislich des Anhörungsschreibens sehr wohl erfolgt.
3.
Für dieses Verfahren werden Kosten nicht erhoben (§ 61 Abs. 9 Satz 1 MVG-EKD). Für die Übernahme der außergerichtlichen Kosten, die zur Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendig waren, findet § 30 MVG-EKD Anwendung (§ 61 Abs. 9 Satz 2 MVG-EKD).
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Eckhardt (Vorsitzender Richter)